Werbung Green Asset Ratio der EU: kontraproduktiv für nachhaltige Investments? Erneuerbare & Ökologie Ökologie Technik 27. Juni 2023 Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels „Nur noch ein halbes Jahr, dann müssen Finanzierer in der EU mittels der ‚Green Asset Ratio‘ offenlegen, wie grün ihre Kreditbücher sind. (WK-intern) – Das zugrundeliegende EU-Regelwerk teilt wirtschaftliches Handeln in ‚grün‘ und ‚braun‘ ein, um Investitionen in nachhaltige Bereiche zu lenken. In seiner aktuellen Form könnte dieses Instrument eher kontraproduktiv wirken; schlimmstenfalls werden Investitionen in nachhaltige Wirtschafts-modelle zurückgehen, statt zuzunehmen.“ Das sagt Frederik Lorenzen, Experte für internationale Transportfinanzierung und Leasing im Frankfurter Büro von Watson Farley & Williams. Hintergrund: Die sogenannte „EU-Taxonomie“, die Anfang 2022 in Kraft trat, ist ein System zur Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten. Sie zielt darauf ab, Investitionen von Anlegern verstärkt in Unternehmen und Projekte zu lenken, die im Rahmen der zugrundeliegenden Systematik als nachhaltig eingestuft sind. Ab Anfang 2024 müssen Banken in der EU im Rahmen der Taxonomie nachweisen, welcher Anteil ihres Kreditportfolios diesen Nachhaltigkeitskriterien genügt. Die Kennzahl „Green Asset Ratio“ (GAR) beschreibt, welcher Prozentsatz der Gesamtengagements eines Instituts als „grün“ anerkannt ist. Die Pflicht zur GAR-Bilanzierung wird absehbar erheblichen Einfluss auf die Kreditvergabe haben. Einschätzung: Die EU-Taxonomie teilt unternehmerisches Handeln in zwei Kategorien ein – grün (erwünscht) oder braun (unerwünscht). Dieser binäre Ansatz blendet aus, dass in der Realität großer Investitionsprojekte viele unterschiedliche Faktoren zusammenspielen, die im Kontext betrachtet und bewertet werden soll-ten. Damit setzt die Regulierung absehbar falsche Anreize und könnte Investitionen, die aus Gründen der Nachhaltigkeit oder aufgrund anderer Überlegungen politisch erwünscht sind, aktiv behindern. Zwei Beispiele: Die Stromerzeugung aus Flüssiggas gehört zumindest übergangsweise in die Kategorie der grünen Technologien. Der Transport von Flüssiggas per Schiff, Zug oder Lkw hingegen gilt selbst dann als braun, wenn er CO2-neutral durchgeführt wird. Die GAR-Bilanzierung dürfte deshalb die Finanzierung von Transportmitteln für Flüssiggas deutlich erschweren, obwohl dieses als Über-gangstechnologie erwünscht ist. Lokomotiven gelten nach der Taxonomie nur dann als grün, wenn Sie ausschließlich elektrisch fahren. Rangierlokomotiven aber werden weit überwiegend auf Nebenstrecken benötigt, die nicht elektrifiziert sind. Obwohl innovative Hybridtechnik den CO2-Ausstoß moderner Rangier-lokomotiven deutlich reduzieren kann, werden sie pauschal als braun klassifiziert. Das dürfte die Finanzierung des technischen Fortschritts in diesem Bereich erheblich erschweren. Die Beispiele zeigen: Die Beurteilung der Umwelteffekte wirtschaftlichen Handelns ist ein komplexes Unterfangen. Deshalb wird die Pflicht zur GAR-Bilanzierung im Kontext der aktuellen, binären Taxonomie-Klassifizierung zumindest teilweise den angestrebten Nachhaltigkeitszielen zuwiderlaufen. Zu wünschen wäre eine pragmatische Auslegung der Taxonomie-Kriterien, welche die Komplexitäten der betroffenen Wirtschaftsbereiche berücksichtigt und damit tatsächlich zu einem nachhaltigeren Investi-tionsverhalten beiträgt. Unternehmen müssen die Auswirkungen der Taxonomie auf die eigene Tätigkeit verstehen und gege-benenfalls in Zusammenarbeit mit den zuständigen Verbänden Verbesserungsvorschläge erarbeiten. Ehrgeizige CO2-Einsparziele lassen sich nur erreichen, wenn die nötigen Maßnahmen technisch und wirt-schaftlich umsetzbar sind. Watson Farley & Williams ist eine international tätige Anwaltskanzlei, deren Schwerpunkt auf den Sektoren Energie, Transport und Infrastruktur liegt. Mehr als 650 Anwälte an unseren Standorten Athen, Bangkok, Dubai, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Hanoi, Hongkong, London, Madrid, Mailand, München, New York, Paris, Rom, Seoul, Singapur, Sydney und Tokyo arbeiten in integrierten Teams zusammen, um unseren Mandanten auf der ganzen Welt eine praxisorientierte, wirtschaftlich ausgerichtete Rechtsberatung zu bieten. Alle Verweise auf „Watson Farley & Williams“ und „die Kanzlei“ in diesem Dokument beziehen sich auf Watson Farley & Williams LLP und/oder damit verbundene Unternehmungen. Verweise auf einen „Partner“ beziehen sich stets auf ein Mitglied von Watson Farley & Williams LLP, ein Mitglied oder einen Partner einer verbundenen Unternehmung oder einen Mitarbeiter oder Berater mit vergleichbarer Reputation und Qualifikation. PM: Watson Farley & Williams Weitere Beiträge:Ausgezeichneter Einsatz für erneuerbare EnergienHans-Werner Sinn: "Deutschland ruiniert mit extremistischer Klimapolitik eigene Industrie"Baden-Württembergs Bürger dürfen über Energie- und Umweltpolitik selber abstimmen