Werbung WAR veröffentlicht Stellungnahme zu Neufestlegungen durch EuGH von Strom- und Gasnetzen in Deutschland Behörden-Mitteilungen Erneuerbare & Ökologie Verbraucherberatung 23. Juli 2025 Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels Wissenschaftlicher Arbeitskreis für Regulierungsfragen veröffentlicht Stellungnahme zur zukünftigen Regulierung von Strom- und Gasnetzen in Deutschland (WK-intern) – Die Bundesnetzagentur legt aktuell die Bedingungen für den Zugang zu den Strom- und Gasversorgungsnetzen neu fest. Diese Neufestlegungen sind notwendig, weil die Rechtsgrundlagen für die aktuelle Form der Netzentgeltregulierung durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 02.09.2021 entfallen sind. Am 18.06.2025 hat die Große Beschlusskammer Energie der Bundesnetzagentur die sogenannten Festlegungsentwürfe zur Konsultation gestellt. Diese Konsultation endet am 30.07.2025. Die Bundesnetzagentur erhält bei der Erfüllung ihrer Aufgaben fortlaufend wissenschaftliche Unterstützung durch den Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen (WAR). Der WAR berät die Bundesnetzagentur in voller Unabhängigkeit in allen Fragen der Regulierung. Der WAR hat nun eine Stellungnahme zu ausgewählten Fragen der zukünftigen Regulierung von Strom- und Gasnetzen in Deutschland erarbeitet. Der Vorsitzende des WAR, Professor Jürgen Kühling (Universität Regensburg), führt dazu aus: „Die Fortentwicklung der Regulierung kann auf den Erfahrungen der vergangenen 20 Jahre aufbauen. Dabei konnte eine Wettbewerbsdynamik wie auf echten Wettbewerbsmärkten bisher nicht ausgelöst werden.“ Professor Justus Haucap (Universität Düsseldorf), stellv. WAR-Vorsitzender, ergänzt dazu: „Auch das zu Beginn der Anreizregulierung von manchen befürchtete Netzbetreiber- oder Stadtwerkesterben ist nicht eingetreten. Vielmehr hat es seit Einführung der Anreizregulierung bei den Verteilernetzbetreibern keine nennenswerte Konsolidierung gegeben. Vieles spricht dafür, dass die bisherige Regulierung jedenfalls nicht zu streng war.“ Professor Peter Winzer (Hochschule RheinMain, Wiesbaden) bemerkt: „Der WAR hat sich in seiner Stellungnahme auf Fragen konzentriert, die besonders kontrovers zu sein scheinen und bei denen eine neutrale Sicht besonders hilfreich sein dürfte.“ Konkret hat der WAR die folgenden Punkte unter die Lupe genommen: Die Bundesnetzagentur plant, den Katalog der als nicht beeinflussbar geltenden Kosten, die nicht dem Effizienzvergleich unterliegen, deutlich zu reduzieren. Der WAR begrüßt dies ausdrücklich, damit Kosten möglichst umfänglich einem Effizienzvergleich unterzogen werden. So lassen sich eine regulatorische Arbitrage vermeiden, die Entstehung von Fehlanreizen verhindern und letztlich auch der bürokratische Kontrollaufwand reduzieren. Die Bundesnetzagentur plant, mit Ablauf der fünften Regulierungsperiode im Jahr 2032 für die Gasnetze und im Jahr 2033 für die Stromnetze die Dauer der Regulierungsperioden ab der sechsten Regulierungsperiode von fünf auf drei Jahre zu verkürzen. Der WAR sieht Vor- und Nachteile in der Verkürzung der Dauer um zwei Jahre, hält eine solche Verkürzung in der Gesamtschau aber für gut begründbar. Die Bundesnetzagentur plant, am sogenannten „t-2-Versatz“ festzuhalten. Das bedeutet etwa, dass die für das Jahr 2026 zugrunde gelegten Betriebskosten mit der Verbraucher-preisentwicklung des Jahres 2024 inflationiert werden. Der WAR sieht eine ganze Reihe von Vorteilen bei dieser Vorgehensweise wie etwa eine Budgetsicherheit für die Netzbetreiber und einen geringeren bürokratischen Aufwand als bei alternativen Vorgehensweisen. Die Bundesnetzagentur plant, für die Kapitalkostenvergütung auf das sogenannte WACC-Modell (Weighted Average Cost of Capital) umzustellen, das als internationale Best Practice gilt. Der WAR begrüßt, dass die Bundesnetzagentur den deutschen Sonderweg in Europa beenden will, gibt aber zu bedenken, dass die im Modell verwendete Eigenkapitalverzinsung tendenziell sogar zu hoch sein könnte. Im Rahmen der von Netzanschlüssen u.ä. erforderlichen Baumaßnahmen werden in der Praxis oftmals sogenannte Baukostenzuschüsse (BKZ) vereinbart, die von Anlagenbetreibern zur Finanzierung an Netzbetreiber gezahlt werden. Die Bundesnetzagentur plant, den Eigenkapital-Bedarf von 40 Prozent nun von einer, um Zuschüsse bereinigten Verzinsungsbasis abzuleiten. Der WAR hält diese neue Vorgehensweise ökonomisch für richtig. Im Rahmen der bisherigen Regulierungspraxis existierte ein Mischsystem aus Nettosubstanz- und Realkapitalerhaltung. Die Bundesnetzagentur plant eine Umstellung auf eine (reine) Realkapitalerhaltung. Der WAR befürwortet diese Neuregelung, u.a. da durch die Komplexitätsreduktion die Verständlichkeit verbessert und damit die Akzeptanz – gerade bei branchenfremden Stakeholdern, wie z.B. potenziellen (internationalen) Investoren – erhöht wird. Im Rahmen der Festlegung der Erlösobergrenze wird die von den Netzbetreibern tatsächlich oder kalkulatorisch zahlbare Gewerbesteuer bisher zu 100 Prozent berücksichtigt, sodass – bei effizienter Betriebsführung – alle Netzbetreiber unabhängig von der tatsächlich zu ahlenden Gewerbesteuer die Möglichkeit haben, die festgelegte Eigenkapitalverzinsung nach Steuern zu erreichen. Aus Sicht des WAR ist dieser Ansatz sehr vorteilhaft für die Netzbetreiber. Die empirische Evidenz zeigt, dass es auf echten Wettbewerbsmärkten Unternehmen regelmäßig nicht gelingt, 100 Prozent der Gewinnsteuern (wie die Gewerbesteuer) auf die Endkunden abzuwälzen. Für Netzbetreiber im sogenannten Regelverfahren wird ein bundesweiter Effizienzvergleich durchgeführt, um bestehende Ineffizienzen zu ermitteln, damit diese Kosten über die Dauer einer Regulierungsperiode abgebaut werden. Die Effizienz der Netzbetreiber wird dabei durch einen Vergleich mit anderen Netzbetreibern mithilfe von vier statistischen Analysen ermittelt. Nach dem sogenannten Best-of-Four-Prinzip wird sodann der für den Netzbetreiber beste der vier Werte als Effizienzwert eingesetzt, also der Wert mit der geringsten Ineffizienz. Aus Sicht der Netznutzer, welche die Netzentgelte zahlen, wäre allerdings der Begriff „Worst-of-Four“-Abgleich zutreffender, da der für die Netznutzer ungünstigste Parameterwert von der Bundesnetzagentur verwendet wird. Von diesem Prinzip plant die Bundesnetzagentur nun abzuweichen und stattdessen jeweils einen Mittelwert der beiden SFA-Effizienzwerte (Stochastische Effizienzgrenz-Analyse) und der beiden DEA-Effizienzwerte (Data Envelopment Analysis) zu bilden und schließlich den für die Netzbetreiber besseren der beiden Mittelwerte anzuwenden. Der WAR begrüßt dieses Vorhaben. Insgesamt stellt Prof. Haucap fest: “Wir sehen die Pläne der Bundesnetzagentur, die bisherige Anreizregulierung behutsam weiterzuentwickeln, sehr positiv. Sie ist letztlich überfällig. Die erneuten Warnungen vor einem Stadtwerke- und Netzbetreibersterben halten wir für stark übertrieben.“ Prof. Winzer ergänzt: „Wir können auch nicht erkennen, dass die notwendige Investitionstätigkeit durch den Ansatz der Bundesnetzagentur gefährdet wäre. Vielmehr handelt es sich um eine insgesamt stimmige und ausgewogene Vorgehensweise.“ In diesem Zusammenhang betont Prof. Kühling: „Die in der Öffentlichkeit monierte Belastung für Haushalte und Unternehmen durch die Energiekosten erfordert nicht zuletzt eine konsequente Prüfung der Entgelte für die Strom- und Gasnetze durch die Bundesnetzagentur.“ Hintergrund Die Bundesnetzagentur legt aktuell die Bedingungen für den Zugang zu den Strom- und Gasversorgungsnetzen neu fest. Diese Neufestlegungen sind notwendig, weil die Rechtsgrundlagen für die aktuelle Form der Netzentgeltregulierung durch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes vom 02.09.2021 entfallen sind. Am 18.06.2025 hat die Große Beschlusskammer Energie der Bundesnetzagentur die sogenannten Festlegungsentwürfe zur Konsultation gestellt. Diese Konsultation endet am 30.07.2025. Die Bundesnetzagentur erhält bei der Erfüllung ihrer Aufgaben fortlaufend wissenschaftliche Unterstützung durch den Wissenschaftlichen Arbeitskreis für Regulierungsfragen (WAR). Der WAR berät die Bundesnetzagentur in voller Unabhängigkeit in allen Fragen der Regulierung. Kontakte Professor Dr. Jürgen Kühling: Juergen.Kuehling@jura.uni-regensburg.de Professor Dr. Justus Haucap: haucap@hhu.de Professor Dr. Peter Winzer: peter.winzer@hs-rm.de WAR-Geschäftsstelle PM: Bundesnetzagentur Weitere Beiträge:Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: Meere leisten als Basis von Offshore-Windparks einen ...Hauptversammlung von RWE wählt neue AufsichtsräteTEAG: Erster Großtransformator für neues Umspannwerk in Jena eingetroffen