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Abstandsregel nun gestrichen: 1.000 Metern zwischen neuen Windenergieanlagen und Wohngebieten in NRW

Die Akzeptanz, Windräder in der eigenen Umgebung zu dulden, wird durch die höheren Strompreise und Netzentgelte in der Nähe von Windparks torpediert. / Foto: HB
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Anhörung: Windenergie und Abstände zur Wohnbebauung

(WK-intern) – In einer gemeinsamen Anhörung der Ausschüsse für Bauen, Wohnen und Digitalisierung sowie für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie haben sich Sachverständige zu geplanten Gesetzesänderungen geäußert.

Bislang gilt in Nordrhein-Westfalen ein gesetzlich vorgeschriebener Mindestabstand von 1.000 Metern zwischen neuen Windenergieanlagen und Wohngebieten.

Fürs sogenannte Repowering – damit ist der Ersatz älterer Anlagen oder Teilen davon durch moderne und leistungsfähigere gemeint – will die Landesregierung die pauschale Abstandsregel nun streichen. Bis 2025 sollen die Mindestabstände dann stufenweise ganz abgeschafft werden. Der SPD-Fraktion geht das nicht schnell genug.

Grundlage waren Gesetzentwürfe von SPD (18/1870) sowie CDU und Grünen (18/2140), außerdem ein Antrag der regierungstragenden Fraktionen (18/2141).

Die SPD-Fraktion sieht in pauschalen Mindestabständen von 1.000 Metern ein „wesentliches Hindernis“ für den Ausbau der Windkraft. Zwar habe die Landesregierung eine stufenweise Abschaffung angekündigt, „wobei unverzüglich die vorgegebenen Abstände beim Repowering von Anlagen gestrichen werden sollten“. Es habe sich aber noch nichts getan. Die Fraktion will den entsprechenden Paragrafen im Gesetz komplett streichen.

Im Gesetzentwurf der Fraktionen von CDU und Grünen heißt es: „Die Abstandsregeln für Repowering abzuschaffen, kann zu einer beschleunigten Erhöhung der Stromproduktion aus Windenergie führen und ist somit ein wichtiger Schritt, um den Ausbau erneuerbarer Stromproduktion in Nordrhein-Westfalen kurzfristig zu beschleunigen.“ Nordrhein-Westfalen habe sich vorgenommen, die Windenergie in den nächsten Jahren stark auszubauen, heißt es im Antrag von CDU und Grünen. Ziel seien „1.000 zusätzliche Windenergieanlagen in den nächsten fünf Jahren“. Um die Akzeptanz vor Ort zu erhöhen, solle die Landesregierung Leitfäden für eine regionale Beteiligung entwickeln. Gemeinsam mit der NRW.BANK solle sie zudem einen Fonds auflegen, der gezielt Windenergieprojekte von Bürgerinnen und Bürgern bei der Projektentwicklung durch Risikokapital unterstütze.

Unterschiedliche Ansichten beim Repowering
Man begrüße die „Initiativen aus dem Parlament zur Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände für die Ausschüsse. Beim Repowering bestünden unter den Verbänden jedoch unterschiedliche Ansichten. Städtetag und Landkreistag hätten sich bereits 2021 „grundsätzlich ablehnend“ zur Einführung einer Mindestabstandsregelung geäußert. Städte- und Gemeindebund dagegen wollten an der 1.000-Meter-Abstandsregel fürs Repowering festhalten, bis die Windenergiegebiete in den Regionalplänen ausgewiesen seien.

„Klares Bekenntnis“
Positiv äußerte sich der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Die Gesetzentwürfe seien ein „klares Bekenntnis“ zum Ausbau der erneuerbaren Energien. Allerdings hätte man sich – wie im Gesetzentwurf der SPD vorgesehen – eine vollständige Streichung der Abstandsregeln gewünscht. Im Übrigen halte man „die geltenden immissionsschutzrechtlichen Regelungen für ausreichend, den Schutz der Bevölkerung vor schädlichen Einwirkungen zu garantieren“.

Natur- und Artenschutz
Die erforderliche Beschleunigung des Windenergieausbaus müsse im Einklang mit den Zielen des Natur- und Artenschutzes erfolgen, schreibt der Naturschutzbund (Nabu) in seiner Stellungnahme. Die Abschaffung der 1.000-Meter-Regel sei dringend erforderlich, „da diese Regelung einem naturverträglichen Ausbau der Windenergie entgegensteht“. Man unterstütze den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, er sei „in seiner Wirkung weitgehender“.

„Immobilienwertverlust“
Der Verein „Vernunftkraft NRW“ sieht das anders. Im „Rahmen der Vorsorge“ nach Paragraf 5 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes müsse ein Mindestabstand von 1.000 Metern bestehen bleiben. Dies gelte auch fürs Repowering. Die Ausbauziele seien „selbst bei einem Abstand von 1.400 Metern nicht gefährdet“. Einen „zum Teil dramatischen Immobilienwertverlust“ zum Nachteil der Anwohnerinnen und Anwohner fürchtet der Verein „Gesellschaft für Fortschritt in Freiheit“ bei Abständen unter 1.000 Metern von künftigen Großanlagen zur Wohnbebauung. Zudem seien „keine sachlichen Gründe erkennbar, die durch die Absenkung des Abstandes bei Repowering sicher zu einer signifikant höheren Stromproduktion führen werden“.

„Akzeptanz der Menschen vor Ort“
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) unterstütze die regierungstragenden Fraktionen in ihrem Ziel, die Windenergie schnell und massiv auszubauen. Das aus dem Antrag und Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen bestehende Paket zur Beschleunigung des Windkraft-Ausbaus erscheine „geeignet, den Ausbau der Windenergie im Land entscheidend zu vereinfachen“. Kritisch sehe man, „dass die Abschaffung der 1.000-Meter-Abstandsregelung für Windräder im Außenbereich erst deutlich später erfolgen soll“. Für eine Beschleunigung des Windkraftausbaus sei es zentral, die Akzeptanz der Menschen vor Ort zu gewinnen.

„Gutes und wichtiges politisches Signal“
„Dass nun zwei konkurrierende Gesetzentwürfe vorliegen, die sich mit der Abschaffung des 1.000-Meter-Abstands beschäftigen, ist ein gutes und wichtiges politisches Signal“, so der Landesverband Erneuerbare Energien NRW. Der Mindestabstand habe den Ausbau der Windenergie in NRW behindert. Man unterstütze den Gesetzentwurf der SPD-Fraktion, weil er weiter gehe als der von CDU und Grünen.

„Konservativer, aber wirksamer“
Die sofortige Abschaffung der 1.000-Meter-Abstandsregelung, wie im Gesetzentwurf der SPD-Fraktion vorgesehen, „hätte für die Beschleunigung des Ausbaus kurzfristig möglicherweise den größeren Effekt“, schreibt das „Center for Wind Power Drives“ der RWTH Aachen. Allerdings entstehe ein „erhöhtes Akzeptanzrisiko, da die Kommunen in Ermangelung rechtssicherer Flächennutzungspläne kaum noch mitgestalten können“. Der Entwurf von CDU und Grünen sehe den Wegfall der Abstandsregelung lediglich innerhalb ausgewiesener Windenergiegebiete sowie für bestehende Flächennutzungspläne und Repowering-Projekte vor: „Auch wenn das Vorgehen konservativer erscheint, wird es aus unserer Sicht den Ausbau wirksamer beschleunigen. Den Grund dafür sehen wir in der Fortführung des mit dem neuen Wind-an-Land-Gesetz eingeschlagenen Weges, der die planerische Gestaltung für die Ausweisung der Windenergiegebiete in die Hände der Länder, Kreise und Kommunen gibt.“

Eine Übersicht über sämtliche Stellungnahmen finden Sie hier.

Text: zab

Ein Video der Anhörung finden Sie hier. 

PM: Die Fraktionen im Landtag NRW

Windkraft-Abstandsregel nun gestrichen / Foto: HB