Werbung Kernenergie als grüne Energiequelle? Erneuerbare & Ökologie Forschungs-Mitteilungen Ökologie 5. Januar 2022 Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels Die Europäische Kommission sorgte jüngst für Aufsehen mit ihrem Vorstoß Atomenergie als ‚grüne‘ Energiequelle zu klassifizieren. (WK-intern) – Der Schritt der EU, Kernenergie in ihrer Taxonomie für nachhaltige Finanzierung einzubeziehen wurde von Frankreich massiv unterstützt, wo Atomenergie eine zentrale Rolle bei der Dekarbonisierung der Energiewirtschaft spielen soll. Außerdem soll die EU-Einstufung Investoren anlocken, die so in Atomenergie als Projekte, die zur Erreichung des Netto-Null-Emissionsziels der EU bis 2050 beitragen, investieren können. Dem entgegen stehen jene Länder, die einen Atomausstieg planen oder diesen bereits vollzogen haben. Hier macht sich deutliche Kritik an der EU-Entscheidung breit, so kritisierte Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck, die Entscheidung schlicht als „falsch“. S&P Global Platts schätzt für Sie kompakt den aktuellen Stand der Entwicklungen rund um Atomenergie in Europa und der EU ein. Wie ist der aktuelle Stand in punkto Nuklearenergie? Die meisten westeuropäischen Länder haben sich von Investitionen in neue Kernkraftwerke verabschiedet und setzen stattdessen auf erneuerbare Energien um ihre Netto-Null Ziele zu erreichen. Deutschland steigt bis Ende 2022 aus der Kernenergie aus, Belgien 2025. Spaniens Ausstieg beginnt 2027 und wird 2035 vollzogen sein, während auch außerhalb der EU in der Schweiz das letzte Kernkraftwerk voraussichtlich 2044 vom Netz geht. Gesamteuropäisch gesehen dürften die möglichen Neuinbetriebnahmen also kaum zu einem flächendeckenden Anstieg der Atomverstromung führen. Prominente Ausnahmen finden sich innerhalb und außerhalb der EU, neben Frankreich tut sich hier insbesondere Großbritannien hervor. Hier soll der Bau neuer Reaktoren vorangetrieben werden, während Frankreich auch einen Teil seine bestehenden Kapazitäten beibehält. Doch auch hier ergibt sich ein differenzierteres Bild, da erst einmal mit niedrigeren Kapazitäten zu rechnen ist. Hierzu Sabrina Kernbichler, Analystin für den europäischen Energiemarkt bei S&P Global Platts: „Frankreich schaltet bis 2035 12 Reaktoren der 0,9-GW-Baureihe im Einklang mit dem mehrjährigen Energieprogramm (PPE) des Landes ab. Dies wird die installierte Gesamtkapazität bis zum Ende des Jahres reduzieren. Bis 2050 sinkt die französische Nuklearkapazität weiter, da zusätzliche 0,9-GW-Blöcke und die ersten Reaktoren der 1,3-GW-Serie vom Netz gehen. Aufseiten der Neuinbetriebnahmen hat der größte französische Elektrizitätskonzern EDF den Bau von sechs neuen Kernkraftwerken in Frankreich nach der Inbetriebnahme des 1,6-GW-Reaktors Flamanville 3 forciert, von dem wir annehmen, dass er nach mehr als einem Jahrzehnt Verzögerung Ende 2023 ans Netz gehen wird. Wir gehen außerdem davon aus, dass bis 2050 drei weitere Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 4,2 GW ans Netz gehen werden.“ Wie ist der Stand der Versorgung in Deutschland? Auch mit Blick auf die EU-Taxonomie wird sich am anvisierten Ausstieg aus der Atomenergie nichts mehr ändern. Dieser wird 2022 abgeschlossen sein, und auch der Kohleausstieg ist bereits in vollem Gange. Trotzdem lohnt sich ein kompakter Blick auf den deutschen Energiemarkt, gerade im Vergleich zum französischen Nachbar. Sabrina Kernbichler gibt uns einen Überblick: „Bei der Kohle gehen wir davon aus, dass das letzte Steinkohlekraftwerk voraussichtlich 2030 abgeschaltet wird, während das letzte Braunkohlekraftwerk wohl im Jahr 2032 stillgelegt wird. Die Rolle der Braunkohle wird jedoch schon deutlich früher marginaler, da ihr Anteil an der Deckung der Inlandsnachfrage ab 2025 hinter dem der Photovoltaik zurückbleibt. Die Gaserzeugung nimmt in den 2020er Jahren zu und erreicht 2027 ihren Höhepunkt. Der Ausbau der erneuerbaren Energien hilft dann Deutschland ab den 2030er Jahren von fossilem Gas wegzukommen.“ Flexibilität auf der Angebotsseite und Nachfrageseite Auf Seiten der Wind- und Solarenergie sorgen Pläne, die Subventionen für alle neuen Anlagen um 2030 zu beenden, für einen vermehrten Ausbau der erneuerbaren Energien in den 2020er Jahren. Sabrina Kernbichler: „Wir bei Platts Analytics prognostizieren eine PV-Solarkapazität von 155 GW bis 2030 und 295 GW bis 2050, das Regierungsziel für 2030 von 200 GW wird also wohl zu ehrgeizig sein. Auf Nachfragenseite sehen wir die Elektrifizierung des Verkehrs- und Wärmesektors sowie die Automatisierung und – wo immer es möglich ist – Elektrifizierung industrieller Prozesse als treibende Faktoren an. Diese sorgen für ein starkes Nachfragewachstum in den kommenden Jahren, wobei die Nachfrage 2050 das Niveau von 2022 um 76 % übersteigen kann.“ PM: Edelman GmbH / Platts Analytics PB: Die Infografik illustriert die deutschen Energiekapazitäten Weitere Beiträge:Windenergie retten, Bürgerenergie stärkenStimmen Sie jetzt über Europas Energie-Zukunft ab!Jubiläumsfeier: Die FGH Zertifizierungsstelle für Windanlagen wird 15