Werbung Stromintensive Industrien müssen in den wind-stromreichen Norden verlegt werden Erneuerbare & Ökologie Forschungs-Mitteilungen Technik Windenergie Windparks Wirtschaft 19. März 202119. März 2021 Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels Forschungskonsortium empfiehlt Reform des Strommarktdesigns Stromnetze mit gesteigertem Anteil der Erneuerbaren Energien stoßen an ihre physischen Grenzen Windkraftanlagen müssen in manchen Regionen gedrosselt werden Eingriffe ins Stromnetz kosten über eine Milliarde Euro pro Jahr und bringen auch die Energiewende ins Stocken fossile Kraftwerke im Süden müssen unnötig aktiviert werden (WK-intern) – Der Strompreis sollte nicht wie bisher bundesweit einheitlich gebildet werden, sondern die lokalen Bedingungen des physischen Netz berücksichtigen. Zu diesem Schluss kommt das aktuelle Forschungspapier eines Konsortiums von TU München, FIM/FIT Fraunhofer, DIW Berlin, EWI Institut der Universität zu Köln, und ZEW Mannheim im Rahmen des vom BMBF geförderten und vom Projektträger Jülich begleiteten Kopernikus-Projektes SynErgie. Durch den steigenden Anteil der Erneuerbaren Energien gerät das Stromsystem immer öfter an seine physischen Grenzen. So müssen heute bereits Windkraftanlagen in manchen Regionen gedrosselt werden, weil die Kapazitätsgrenze des Stromnetzes erreicht ist. Derartige Eingriffe kosten nicht nur über eine Milliarde Euro pro Jahr, sondern bringen auch die Energiewende ins Stocken. „Ohne das passende Marktdesign kann die Energiewende nicht gelingen. Der bisherige Strommarkt bildet die physischen Gegebenheiten des Netzes nicht unmittelbar ab, sondern setzt auf nachträgliche Anpassungen. Flexibilität auf der Nachfrageseite, welche die Integration volatiler Erneuerbarer Energien in das Stromsystem unterstützen würde, wird nicht ausreichend belohnt“, erklärt Dr. Marion Ott, Wissenschaftlerin am ZEW Mannheim und Co-Autorin der Studie. So ist der bisherige Strommarkt nicht in der Lage, Engpässe der Leitungskapazität abzubilden. Zwar könnten die Windparks im Norden die hohe Nachfrage großer Industrieunternehmen im Süden decken. Ist das Netz jedoch aufgrund fehlender Kapazität nicht in der Lage, die produzierte Strommenge in den Süden zu liefern, werden Windkrafträder heruntergeregelt und fossile oder andere Kraftwerke im Süden aktiviert. „Erneuerbare Energien erzeugten im Jahr 2020 bereits knapp die Hälfte des deutschen Stroms und haben die fossilen Kraftwerke bereits überholt. Durch die wachsenden Anteile Erneuerbarer Energien wird eine Anpassung des Stromsystems immer dringlicher“, so Ott weiter. Stromsystem in einem großen Schritt reformieren Gemeinsam mit Experten/innen aus der Energiewirtschaft schlägt das Forschungsteam ein sogenanntes nodales Preissystem vor, um den Strommarkt flexibler zu machen für hohe Anteile an Erneuerbaren Energien. Dabei würde der Strommarkt zur Bestimmung der Preise in regionale Knoten aufgeteilt. Zwischen diesen würde sich der Strompreis abhängig von Engpässen in den Übertragungskapazitäten unterscheiden. „Ein nodales Preissystem wird nicht nur den unterschiedlichen Netzkapazitäten gerecht, sondern setzt auch Anreize zu lokaler Nachfrageflexibilität. Energieintensive Industrieunternehmen könnten beispielweise ihre Produktionsprozesse auf ein sich veränderndes Stromangebot anpassen. Das setzt jedoch entsprechende Preissignale voraus“, sagt ZEW-Ökonomin Ott. „Der Übergang vom jetzigen zu einem nodalen Preissystem sollte möglichst in einem Schritt erfolgen, um möglichen Pfadabhängigkeiten und politischen Unsicherheiten vorzubeugen.“ Über Marktdesign Marktdesign ist ein Forschungsstrang innerhalb der Volkswirtschaftslehre, der sich der Analyse und Optimierung von Märkten widmet. Das Ziel ist dabei, die Leistungsfähigkeit existierender Märkte durch aktive Gestaltung der Marktregeln zu verbessern. Zu diesem Zweck untersucht Wissenschaftler/innen die Eigenheiten des jeweiligen Markts und identifizieren die herrschenden Wirkmechanismen. Um einen Marktmechanismus zu finden, der die Ziele des Marktbetreibers bestmöglich erreicht, werden theoretische, experimentelle und empirische Methoden eingesetzt. Größere Bekanntheit erlangte Marktdesign durch die Auszeichnung der US-amerikanischen Ökonomen Al Roth, Paul R. Milgrom und Robert B. Wilson mit dem Wirtschaftsnobelpreis in den Jahren 2012 und 2020, die als Mitbegründer der Forschungsdisziplin gelten. Am ZEW Mannheim besteht seit dem Jahr 2016 eine Forschungsgruppe Marktdesign, die 2020 zu einem Forschungsbereich erhoben wurde. ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH Mannheim Das ZEW in Mannheim forscht im Bereich der angewandten und politikorientierten Wirtschaftswissenschaften und stellt der nationalen und internationalen Forschung bedeutende Datensätze zur Verfügung. Das Institut unterstützt durch fundierte Beratung Politik, Unternehmen und Verwaltung auf nationaler und europäischer Ebene bei der Bewältigung wirtschaftspolitischer Herausforderungen. Zentrale Forschungsfrage des ZEW ist, wie Märkte und Institutionen gestaltet sein müssen, um eine nachhaltige und effiziente wirtschaftliche Entwicklung der wissensbasierten europäischen Volkswirtschaften zu ermöglichen. Durch gezielten Wissenstransfer und Weiterbildung begleitet das ZEW wirtschaftliche Veränderungsprozesse. Das ZEW wurde 1991 gegründet. Es ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Derzeit arbeiten am ZEW Mannheim rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, von denen rund zwei Drittel wissenschaftlich tätig sind. Forschungsfelder des ZEW Arbeitsmärkte und Personalmanagement; Digitale Ökonomie; Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik; Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement; Makrtdesign; Soziale Sicherung und Verteilung; Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement; Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft. PM: ZEW Mannheim Zwar könnten die Windparks im Norden die hohe Nachfrage großer Industrieunternehmen im Süden decken, doch die Stromnetze schaffen es nicht, auch die Wasserstoffherstellung macht keinen Sinn, wenn der Wasserstoff wieder verstromt wird, ist einfach der Wirkungsgrad zu gering / Foto: HB Weitere Beiträge:Ökologische, ökonomische und soziale Gesichtspunkte beim Anbau von EnergiepflanzenWirtschaftsministerin Anke Rehlinger zur Landesinitiative Energieinnovation SaarFörderung unlauterer Energieberatungsprojekte umgehend beenden