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Privatisierung der Wasserversorgung schreitet voran, hier ein Beispiel

Unterschriftenaktion: Wasser soll Allgemeingut bleiben / Foto: HB
Unterschriftenaktion: Wasser soll Allgemeingut bleiben / Foto: HB

Unsere Gemeinde Oldenbüttel hat ihr Wasserleitungsnetz einem Wasserverband übertragen.

(WK-intern) – Sie hat dafür kein Entgelt bekommen.

Die aus den Gebührenzahlungen der Nutzer angesammelten Rücklagen hat sie behalten.

Begründet wird die Übertragung damit, dass das Leitungsnetz marode sei und die Kosten für die Instandhaltung von der Gemeinde nicht zu schultern seien. Auf die Nutzer kämen unabsehbare Gebührenerhöhungen zu.

Im Winter gab es dann eine Information per Flugblatt von dem übernehmenden Wasserverband Süderdithmarschen. Danach sah es aus, als würde sich nicht viel ändern:

„Die bisher gültigen öffentlich-rechtlichen Satzungen der Gemeinde werden ersetzt durch

  • Satzung des Wasserverbandes Süderdithmarschen
  • Allgemeinen Bedingungen (AVB) zur Wasserversorgung
  • Ergänzende Bestimmungen des Wasserverbandes Süderdithmarschen“

Mit der Jahresabrechnung gab es dann eine Überraschung. Dort hieß es, die Abrechnung des Wasserverbrauchs erfolgt privatrechtlich.

In der Abrechnung zeigte sich dann noch eine unangekündigte Gebührenerhöhung:

Der Grundpreis war von bisher 46,20 auf 48,00 € erhöht. Der Verbrauchspreis pro cbm von 0,51 auf 0,70 €. Erstmals wurden auch 7% Umsatzsteuer aufgeschlagen: Der Grundpreis war also unsichtbar auf 51,36, der Verbrauchspreis auf 0,75 erhöht.

Der Wasserverband Süderdithmarschen ist eine Organisation von etwa 100 Gemeinden. Er ist als öffentlich-rechtliche Körperschaft organsiert. Nur die Bürgermeister der Gemeinden sind abstimmungsberechtigt.

Die Gemeindevertretungen haben nichts mehr zu melden. Sie beschließen nicht mehr die Gebührenhöhe. Die Nutzer haben überhaupt nichts zu melden. Sie sind nur noch zahlungsverpflichtet.

Es zeigt sich hier eine Tendenz die von der Wasserversorgung Abhängigen aus der Bestimmung über die Wassersangelegenheiten herauszunehmen und die Entscheidung dem elitären Kreis der Bürgermeister zu übertragen.

Damit wird ein Teil der selbstverwalteten Angelegenheiten aus dem Aufgabenbereich der Gemeinde herausgenommen und gleichzeitig dem Einfluss der Betroffenen entzogen.

Das steht weder mit der Bundesverfassung noch der Landesverfassung in Einklang. Nach der Verfassung gilt das Prinzip der Betroffenenbeteiligung (BVerfG 107, 59(92) 2 BvL 5/98 Beschluss vom 5.12.2002 ).

Für die Amtsordnung hat das Landesverfassungsgericht entschieden, dass eine mittelbare demokratische Legitimation des Amtsausschusses ( das sind in der Regel Bürgermeister der amtsangehörigen Gemeinden) heute nicht mehr ausreicht. Der Grundsatz der Volkssouveränität verlange, dass sich jede staatliche Willensäußerung letztlich vom Volkswillen und damit vom Volk als eigentlichem Träger staatlicher Gewalt ableiten lassen muss. Das Volk manifestiert seinen Willen durch Wahlen und handelt durch seine gewählten Vertreterinnen und Vertreter. Art. 3 Abs. 1 der Landesverfassung. Auf der Ebene der Gemeinden verlangt Art. 3 Abs. 1 Landesverfassung eine unmittelbare Wahl der jeweiligen Volksvertretung.

Neben der Wasserversorgung ist auch die Abwasserentsorgung teilweise ausgegliedert worden. Soweit es um den Klärschlamm geht, ist der Abwasserverband Dithmarschen zuständig. Der rechnet auf Grund einer Satzung ab, an deren Zustandekommen die Oldenbütteler Bürger nicht beteiligt werden. Gebühren für die Abwasserteichanlagen werden auch vom Wasserverband Süderdithmarschen abgerechnet, als erlassende Behörde der Bescheide wird das Amt Mittelholstein genannt. Diese Aufgabe ist der Gemeinde also geblieben. Man muss aber feststellen, komplizierter kann man es kaum regeln mit den Wasserangelegenheiten.

Und nun kommt noch die ungewisse Zukunft, wann wird der Wasserverband Süderdithmarschen die kostenlos erworbenen Wasserrechte an Nestle oder Vitell verkaufen? – Damit wären wir vollkommen abhängig und müssten jeden Preis zahlen.

Beispiel, die EU hat Portugal vor fünf Jahren gezwungen ihre Wasserrechte zu privatisieren. In dieser Zeit hat sich der Wasserpreis verfünfacht, die Qualität des Wassers erheblich verschlechtert, so dass Trinkwasser in Flaschen gekauft werden muss. Das Rohleitungssystem wird nicht mehr gewartet …

Links:

EU will das Wasser privatisieren – bitte Kampagne dagegen zu unterstützen

EU-Diskussion zur Organisation der Trinkwasserversorgung

Kartellrechtliches Missbrauchsverfahren wegen überhöhter Wasserpreise

Eigentümer sind verpflichtet, erstmals ihr Trinkwasser analysieren zu lassen

Deutsche Wasserver- und Abwasserentsorgung soll in kommunaler Verankerung bleiben

Privatisierung der europäischen Wasserrechte: Morgen entscheidet das EU Parlament

Mitteilung: Hermann Betken








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