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Zum Beispiel die Energieaudits


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Woran scheitert der Bürokratie-Abbau im Detail?

(WK-intern) – Darüber informierte sich der Industrie- und Umweltausschuss der IHK jüngst in Wächtersbach.

Mark Becker, Referatsleiter Betriebliches Energiemanagement beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) in Berlin zeigte eindrucksvoll auf, wie sich gut gemeinte, aber schlecht verwirklichte Gesetze im Detail auswirken.

Becker beleuchtete dies anhand der Energieeffizienzrichtlinie der EU aus dem Dezember 2012. Diese verlangt, dass bis zum Jahr 2020 der Primärenergieverbrauch in der EU um 20 Prozent sinken soll.

Die EU-Mitgliedstaaten haben diese Richtlinie höchst unterschiedlich umgesetzt, wobei die Bundesregierung es den deutschen Unternehmen unnötig schwer gemacht hat. Erst passierte jahrelang nichts, dann kam im Frühjahr 2015 die Pflicht für alle nicht kleinen und mittleren Betriebe (KMU), mit der kurzen Frist bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit zu unternehmen – und dies in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Dabei wurde zu wenig bedacht, dass die spezifischen Einstufungskriterien für hohen Prüfaufwand in denjenigen kleineren und mittleren Unternehmen sorgen, welche mit anderen verbunden sind. Ebenfalls vernachlässigt wurde die Frage, ob es hinreichend viele gute Prüfer gemäß dem neu eingeführten Energieaudit DIN EN 16.247-1 gibt. Die teuren Folgen: Auf die betroffenen rund 100.000 Unternehmen kamen statt der angepeilten Beraterkosten von 4.000 € für vier Beratungstage deutlich viel höhere Kosten zu. Die Hauptgründe: Der betriebsinterne Aufwand war gleich null gesetzt worden, und die veranschlagte Beraterzeit im Unternehmen war viel zu kurz. Ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis war von Beginn an fraglich.

Gute Idee, schlecht umgesetzt

Die grundsätzlich richtige Idee, Energie zu sparen und dafür qualifizierte Berater in die Unternehmen zu bringen, führte auf Grund der Ausgestaltung des Gesetzes in vielen Fällen zu unverhältnismäßig hohem Aufwand und zu Verdruss. Ein Ausschussmitglied brachte die aktuelle Lage auf den Punkt: „Mein erster Berater riet mir zur Nutzung von Energiesparlampen selbst in Räumen, in denen nur höchst selten ein Lichtschalter bedient wird. Was soll das?“ Es ist „kein Wunder, dass diese Audits auf Unverständnis, Frust und Ablehnung stoßen“, lautete ein weiterer Kommentar.

Keine Gewähr für gute Qualität

Derzeit umfasst die Energieauditoren-Liste des Bundesamts für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) knapp 4.000 Energieberater. Die dort hinterlegten Ansprechpartner müssen alle nach § 8b EDL-G erforderlichen Qualifikation vorweisen können, um zur Durchführung von Energieaudits berechtigt zu sein. Das BAFA übernimmt jedoch keine Gewähr dafür, dass die Beraterleistungen korrekt durchgeführt werden. Gleiches gilt für dessen Qualität, weshalb Unternehmen gut beraten sind einen kritischen Blick auf Energieauditoren zu werfen. Neben Beratern mit fragwürdigen Vorschlägen, wie im zuvor genannten Beispiel, sind durchaus Experten verfügbar, dessen Energieberatung Hand und Fuß hat. Als Beispiel dient die Planungsgesellschaft für Energieeffizienz Bode, dessen unabhängige Energieberater Energieaudits gemäß DIN EN 16247-1 durchführen und nach Feststellung von Energieeinsparpotenzialen anhand von Wirtschaftlichkeitsberechnungen nach VDI 2067 kostensenkende Lösungen ermitteln. VDI Richtlinien gelten als richtungsweisend und fundierte Entscheidungshilfe für Fachleuchte. Wirtschaftlichkeitsberechnungen nach VDI 2067 stellen sicher, dass die Wirtschaftlichkeit von gebäudetechnischen Anlagen nicht geschätzt, sondern fachkundig kalkuliert werden, um anhand der Ergebnisse sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Unternehmen mit Auditierungspflicht müssen ihre Berater also sorgfältig wählen, um sich das Sparpotenzial im Bereich Energieverbrauch tatsächlich zunutze machen zu können und unnötigen Kosten für mangelhafte Leistungen vorzubeugen.

Wieso scheitert der Bürokratieabbau?

Becker hatte zuvor schon klargestellt, dass die staatlich verursachte Bürokratie besonders Unternehmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern belastet. Kleinere Betriebe sind teilweise befreit, etwa bei statistischen Umfragen, und größere haben schlicht mehr Mitarbeiter im Büro zur Verfügung. „Besonders belastend“ sind aus Sicht Beckers die „enorm erhöhte Schlagzahl“ bei den Gesetzesänderungen sowie die hohen Kosten der staatlichen Kontrolle, aber auch die teilweise widersprüchlichen Vorgehensweisen verschiedener Ämter. Die Folge: Der Aufwand für Melde- und Berichtspflichten summiert sich für Unternehmen in Deutschland auf derzeit 43 Milliarden € jährlich. Viele Einzelpflichten führen zu dieser enormen Summe.

Kann oder möchte die Politik nicht gegensteuern? Becker skizzierte grob die Versuche der Politik, über den Normenkontrollrat, das Standardkostenmodell und die „One in, one out-Regel“ die Bürokratie und ihre Kosten in den Griff zu bekommen. Doch die Ergebnisse sind ernüchternd. So sind die Folgen von Koalitionsverträgen sowie EU-Richtlinien und -Verordnungen ausdrücklich von der „One in, one out-Regel“ ausgenommen. Außerdem fallen bei der formalen Betrachtung viele Kostenbestandteile unter den Tisch. Letzteres ist im Mittelstand der Fall, der kostenträchtig prüfen muss, ob ein neues Gesetz auf ihn zutrifft oder nicht.

Irgendwas passt nicht zusammen

Der Brexit im Juni, der Einzug der AfD in deutsche Landesparlamente oder die Wahl von Donald Trump zum neuen Präsidenten der USA: Irgendetwas scheint in den westlichen Industriestaaten nicht mehr im Gleichgewicht zu sein. Warum wenden sich so viele Bürger von den Überzeugungen des Establishments ab? Ist eine grundlegende Kurskorrektur vonnöten? Und wenn ja: Könnte es sein, dass überall im Westen die politischen Eliten durch überzogene bürokratische Belastungen Unwillen im Mittelstand und bei den Normalverdienern erzeugen? Ist das Sensorium der Politiker in Berlin, Brüssel, London und Washington für das, was viele Menschen denken und empfinden, blind geworden? Sorgen zum Beispiel nicht nachvollziehbare EU-Richtlinien für Verdruss und Stammtischparolen? Tun sie dies vielleicht sogar im Zusammenspiel mit deutschen Sonderregeln? Und was hat die Politik damit zu tun?

Reinhard Wachter, Vorsitzender des IHK-Industrie- und Umweltausschusses, hatte in seiner Begrüßung viele Fragen gestellt, und er hatte an manche bürokratische Unsinnigkeit erinnert. Wachter hatte aber auch auf die Wünsche vieler Verbraucher nach zum Beispiel sorgfältigen Lebensmittel-Kontrollen hingewiesen. Warentests wie Allergen-Prüfungen seien aber nur mit sehr viel Bürokratie und hohen Kosten zu haben.

Auf der einen Seite „versuchen die Staaten, mit Zugeständnissen Erleichterungen für die Industrie und deren Exporte und Handel vertraglich zu regeln“, so Wachter weiter. Auf der anderen Seite machen „festgezurrte EU-Vorschriften, die für viele absolut keinen Sinn machen, der Industrie das Leben sehr schwer. Das passt nicht zusammen”, hatte Wachter vor dem Ausschuss bekannt, der sich am 8. November bei der Firma Cobra Bandstahl GmbH in Wächtersbach traf.

Wie prüft das Regierungspräsidium?

Abschließen gab der Ausschussvorsitzende das Wort an Christine Baurmann, im Regierungspräsidium Darmstadt als Abteilungsleiterin für Arbeitsschutz und Umwelt unter anderem für den Main-Kinzig-Kreis zuständig. Baurmann steht seit einem halben Jahr an der Spitze des Amts, welches von Frankfurt aus auch die Unternehmen im Main-Kinzig-Kreis betreut. Sie verwies in ihrem kurzen Referat darauf, dass ihre Behörde die Gesetze nicht beeinflussen kann. Die studierte Bauingenieurin setzt gemeinsam mit 270 Mitarbeitern in 14 Dezernaten lediglich die gesetzlichen Vorgaben um. Sie möchte dies als korrekter, verlässlicher Partner tun, dessen Entscheidungen für die Unternehmen nachvollziehbar sind. Besondere Herausforderung sei gegenwärtig das rasche Bevölkerungswachstum in der Metropolregion FrankfurtRheinMain. Zielkonflikte sind alltäglich, etwa zwischen dem Flächenverbrauch der Städte und den Belangen des Umweltschutzes. Baurmann äußerte die Hoffnung, dass die Beamten ihrer Abteilung künftig stärker als Berater und Partner wahrgenommen werden. Dem schloss sich Reinhard Wachter als Ausschussvorsitzender an: „Wir brauchen Partner, keine Gegner!“

Abschließend führte Bernd Faupel, Geschäftsführer und Inhaber der Cobra Bandstahl GmbH, seine Gäste sachkundig durch das Unternehmen. Der 25 Mitarbeiter beschäftigende Spezialist fertigt im Drei-Schicht-Betrieb Halbzeuge. Das Werk mit eigenem Maschinenbau bietet gehärteten, lackierten, profilierten und gestanzten Bandstahl in verschiedenen Dicken und Werkstoffgüten an. Die Bänder werden entsprechend den Kundenwünschen von den Coils geschnitten. Endverbraucher kommen mit den Erzeugnissen kaum in Kontakt, vergleichsweise bekannt ist der aufrollbare Maßbandstahl, der platzsparend Zollstöcke ersetzen kann. Auch Klingen oder Laubsägeblätter entstehen aus Wächtersbacher Bandstahl.

PM: IHK Industrie- und Handelskammer Hanau-Gelnhausen-Schlüchtern








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