Werbung DNR: EU kippt zentrale Umweltstandards der Agrarpolitik Bioenergie Erneuerbare & Ökologie Ökologie 22. November 2025 Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels Rat und Parlament einigen sich auf ein umfassendes GAP-Vereinfachungspaket (Omnibus III). (WK-intern) – Mindestanforderungen werden teils massiv gelockert. Bio-Betriebe gelten als „Green-by-Design“. Umweltverbände warnen vor dem weiteren Abbau zentraler Umweltstandards. Nach wochenlangen Verhandlungen haben sich Rat, Parlament und Kommission am 10. November auf den sogenannten GAP-Omnibus geeinigt. Das Vereinfachungspaket bringt zahlreiche Änderungen bei den Anforderungen für Landwirt*innen, darunter Anpassungen bei den Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand (GLÖZ). Ziel ist es, Bürokratie abzubauen und den Verwaltungsaufwand für Betriebe wie Behörden zu reduzieren. Laut EU-Kommission sollen Landwirt*innen dadurch jährlich bis zu 1,6 Mrd. Euro, die Verwaltungen der Mitgliedstaaten rund 200 Mio. Euro einsparen können. Zentrale Änderungen im Überblick (Auswahl) Dauergrünland (GLÖZ 1): Wiesen und Weiden (Grünland) sind von zentraler Bedeutung für den Schutz der Biodiversität und die Speicherung von Kohlenstoff im Boden. Der Schutz von Dauergrünland wird nun jedoch deutlich abgeschwächt: Die Mitgliedstaaten sollen künftig mehr Grünland umbrechen dürfen. Der zulässige Grünlandumbruch wird von 5 auf 10 Prozent der Dauergrünlandfläche des Mitgliedstaates erhöht (im Vergleich zum Referenzjahr 2018). Die Mitgliedstaaten können zudem künftig den Zeitraum, der für die Einstufung einer Fläche als Dauergrünland maßgeblich ist, von fünf auf sieben Jahre verlängern. Außerdem können sie eine neue Stichtagsregelung wählen. Danach behalten Flächen, die am 1. Januar 2026 als Ackerland gelten, diesen Status dauerhaft – auch bei mehrjähriger Nutzung als Grünland. Damit entfällt die Notwendigkeit, Grünland regelmäßig umzubrechen, um den Ackerstatus zu erhalten. Mindestschutz für Feuchtgebiete und Moore (GLÖZ 2): Es wird ermöglicht Landwirt*innen für die Einhaltung der GLÖZ 2-Verpflichtungen zu entschädigen. Damit wandelt sich der grundlegende Ansatz von einer Mindestanforderung zur Förderfähigkeit. Pufferstreifen an Wasserläufen (GLÖZ 4): Die Mitgliedstaaten können die Definition des Begriffs „Wasserlauf“ an ihre nationale Definition des Begriffs anpassen, einschließlich der nationalen Rechtsvorschriften. Fruchtwechsel (GLÖZ 7): Betriebe mit bis zu 30 Hektar landwirtschaftlicher Fläche sollen von Kontrollen und Sanktionen ausgenommen werden. „Green-by-Design“ für Ökolandbau-Betriebe: Zertifizierte Bio-Betriebe und Umstellungsbetriebe gelten künftig automatisch als GLÖZ-konform. Mitgliedstaaten entscheiden allerdings selbst, ob „Green-by-Design“ angewendet wird. Weniger Kontrollen: Landwirt*innen sollen nur noch einmal jährlich vor Ort kontrolliert werden. Ergänzend sollen Satellitendaten zur Überwachung eingesetzt werden. Kleinbetriebe: Die Pauschalförderung für Betriebe bis 10 Hektar steigt auf 3.000 Euro jährlich (statt 2.500 Euro). Auch die Betriebe, die an der Kleinerzeugerregelung teilnehmen, sollen künftig von den GLÖZ-Standards ausgenommen werden. Leistungsnachweis: Der jährlich zu erbringende Leistungsbericht der Mitgliedstaaten an die EU soll gestrichen werden. Das Europäische Parlament hatte zuvor eine deutlich weitergehende Lockerung der Auflagen gefordert: Neben der automatischen GLÖZ-Konformität für Betriebe bis 50 Hektar und in Natura-2000-Gebieten wollte es auch die Aufhebung der GLÖZ-Standards 5 (Erosionsschutz) und 9 (Schutz von Dauergrünland in Schutzgebieten) erreichen, eine Ausweitung der Kontrollbefreiung bis 50 Hektar sowie zusätzliche Ausnahmen für Betriebe in benachteiligten Gebieten. Keine dieser Forderungen fand im Trilog Eingang; GLÖZ 5 und 9 bleiben grundsätzlich bestehen. Der Schattenberichterstatter der Grünen, Thomas Waitz aus Österreich, betonte laut Tagesspiegel Background, dass die Einigung trotz Abschwächungen der grünen Architektur der GAP im Kern bewahrt und die kleinbäuerliche Landwirtschaft stärkt. „Die Einigung kam nur dank einer vernünftigen Ratspräsidentschaft und der Kommission zustande. Diese hat die schlimmsten Angriffe der Zerstörerkoalition aus EVP und Rechtsextremen auf die grüne Architektur und Natura-2000-Gebiete abgewehrt“, erklärte Waitz. Schon im Vorfeld der Trilogverhandlungen hatte das Europäische Parlament Anfang Oktober mit seinem Verhandlungsmandat für deutliche Kritik gesorgt. Umweltverbände sahen darin einen massiven Rückschritt für Klima-, Natur- und Bodenschutz. NABU-Präsident Jörg-Andreas Krüger erklärte damals, das Parlament habe den Naturschutzstandards der GAP „den Boden entzogen“. Die Idee einer ökologisch und sozial nachhaltigen Landwirtschaft verkomme „spätestens jetzt zur Farce“. Damit würden zentrale ökologische Mindeststandards für EU-Agrarsubventionen aufgeweicht. Der NABU warnte zudem vor einem gefährlichen Präzedenzfall, da das Paket ohne Umweltfolgenabschätzung oder öffentliche Konsultation eingebracht wurde. Auch die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) kritisierte den erneuten Rückbau ökologischer Mindeststandards unter dem Deckmantel der Entbürokratisierung scharf und nannte ihn einen „gewaltigen Rückschritt“ und „eine Katastrophe für den Schutz bäuerlicher Produktionsgrundlagen“. Positiv bewertete die AbL dagegen die Einführung einer verbindlichen Vertragspflicht in der Gemeinsamen Marktordnung, die die Position von Landwirt*innen gegenüber Handelspartnern stärken soll. Mit Blick auf die neue Stellung von Ökolandbau-Betrieben lobte hingegen Bioland-Politikleiterin Carolin Pagel: „Wer, wie die Bio-Betriebe, in besonderem Maße Leistungen für Umwelt, Natur und Gesellschaft erbringt, soll dafür honoriert beziehungsweise entlastet werden.“ Im Ökolandbau seien Vorgaben des Umweltschutzes bereits gesetzlich verankert. Dies müsse, wie nun geschehen, auch bei den GLÖZ-Standards berücksichtigt werden. Pagel ergänzte zudem: „Konsequent wäre jedoch, wenn die Gesamtbetriebs-Zertifizierung zur Voraussetzung für diese Anerkennung gemacht würde, so wie es in Deutschland bei der Öko-Prämie seit jeher der Fall ist.“ Die Einigung muss nun formell vom Rat und vom Europäischen Parlament bestätigt werden. Das Paket soll am 1. Januar 2026 in Kraft treten. [ks/bp] Europäisches Parlament: Pressemitteilung vom 10.11.2025 DNR: GAP: EU-Parlament sägt weiter an Umweltstandards Tagesspiegel Background: Trilog endet mit Stichtagsregelung für Dauergrünland AbL: Pressemitteilung vom 08.11.2025 NABU: Pressemitteilung vom 4.11.2025 Bioland: Pressemitteilung vom 11.11.2025 PM: DNR EU kippt zentrale Umweltstandards der Agrarpolitik / Foto: HB Weitere Beiträge:Blindstromkompensation reduziert Energiekosten und die UmweltbelastungØrsted ist das nachhaltigste Energieunternehmen der WeltWeihnachtsbäume liefern Strom und Wärme