Werbung




Rückenwind für die Windenergie – Mit CNC-Technologie zu automatisierter Rotorblattfertigung

Logo: Siemens
Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels

Siemens-Fachbeitrag: Die Energiewende kann nur mit mehr Windenergie gelingen.

(WK-intern) – Doch dazu braucht es neben besseren Rahmenbedingungen und weniger Gegenwind vor allem eines: effizientere, wirtschaftlichere Herstellung von Windenergieanlagen, speziell der immer größer werdenden Rotorblätter.

Mit performanter CAD/CAM- und CNC-Technologie lässt sich die Blattfertigung vom nahezu rein händischen in einen weitgehend automatisierten und digitalisierten Prozess transformieren.

Siemens zeigt in einem Verbundprojekt, dass und wie dies einfach und wirtschaftlich geht.

Der Klimawandel und die aktuellen Energiekrisen zeigen drastischer denn je: die Welt muss weg kommen von klimaschädlichen fossilen Energiequellen, hin zu noch mehr Regenerativen. Windenergie ist dabei nicht nur in unseren Breiten eine gute Option. Um aber möglichst schnell mehr Energie aus Wind gewinnen zu können braucht es mehr und leistungsstärkere Windenergieanlagen – und dafür deutlich effizientere, wirtschaftlichere Fertigungsstrategien und kapazitäten, insbesondere für Rotorblätter.

Von einigen Tagen bis hin zu Wochen dauert es derzeit mitunter, bis ein Rotorblatt mittlerer Größe einsatzfertig ist. Angesichts des wachsenden Bedarfs ist es wichtig, die Fertigungsprozesse zu beschleunigen. Und mit einem Anteil von bis zu 25 Prozent an den Gesamtkosten gibt es noch hohes Einsparungspotenzial bei den Rotorblättern. Beide Schlüsselgrößen gilt es deutlich zu verringern und dabei auch die Prozesssicherheit zu erhöhen, sprich das Fehlerrisiko und daraus resultierende Qualitätsmängel zu minimieren. Letzteres vor allem im Hinblick auf den Service am Einsatzort, der an Land wie offshore aufwändig ist.
Damit kommt das Thema der Automatisierung ins Spiel. Das bei der Fertigung aller anderen Komponenten von Windenergieanlagen, seien es Getriebe, Generatoren oder sogar Turmsegmente, längst state-of-the-art ist. Aber mittlerweile über 100 m lange Rotorblätter, mit Blattflanschdurchmessern von bis zu 10 m, werden nach wie vor überwiegend von Hand gefertigt. So baut man riesige Formen, um darin händisch Glas- oder Carbonfaser Materialien für Gurte und Blätter auszulegen und mit Harzen zu tränken. Der Verbund härtet unter Vakuum zur Blatthälfte aus, wird mit Stegen versteift und mit der zweiten Hälfte zum Blatt gefügt. Anschließend muss alles aufwändig nachbearbeitet, getrimmt, geschliffen, ausgebessert, lackiert und geprüft werden.

Kann man all das automatisieren?
Mit angemessenem Aufwand? Dieser Frage hat sich auch ein Konsortium mehrerer Unternehmen und Forschungspartner im Rahmen eines vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz geförderten Verbundprojekts gestellt. Spezialisten aller relevanten Fakultäten, Verbundmaterial- und Kleberhersteller, Verfahrens- und Fertigungstechniker, haben den gesamten Produktionsprozess analysiert, um Optimierungspotenziale auszumachen. Sie haben automatisierbare Teilprozesse definiert und ein alle Aufgaben integrierendes Komplettsystem für rationelle Rotorblattfertigung entwickelt.

Den Bereich der Automatisierung und Digitalisierung hat die Division Digital Industries der Siemens AG übernommen, der weltweit führende Hersteller von Steuerungs- und Antriebstechnik für diverse Industrien und einer der Treiber der Digitalisierung. Hard- und Software-Treiber der Automatisierungslösung sind das in der Werkzeugmaschinenbranche etablierte Highend-CNC-System Sinumerik mit der VNCK-Software als digitalem Zwilling und die CAD/CAM-Software-Plattform NX von Siemens mit der integrierten virtuellen NC-Kern-Software. Aus derselben Hand und somit bestens darauf abgestimmt sind die modularen Umrichter Sinamics sowie Servomotoren aus dem Simotics-Portfolio von Siemens.

Durchgängige Prozesskette CAD/CAM-CNC
Damit war vom Start weg ein durchgängig digitaler Workflow über die gesamte Prozesskette hinweg möglich. Beginnend bei der 3D-CAD-Konstruktion eines neuartigen, auf optimale, automatisierte Herstellbarkeit getrimmten Rotorblattes. Daraus abgeleitet die Konstruktion der beiden Formhälften, bis zur schnellen, hochpräzisen 5- bzw. 6-Achs-CNC-Bearbeitung mit automatisiert im CAM-System generierten Programmen.

Maßgeschneidert für individuelle Rotorblätter
Ein renommierter Maschinenbauer hat dafür einen exemplarischen Rahmen geschaffen und ein Bearbeitungszentrum mit zwei voneinander unabhängigen Portalen mit Verfahrwegen von jeweils 25.000 mm x 4.700 mm x 2.000 mm entwickelt. Spezialisten von Siemens haben es automatisiert, das heißt in allen Achsen servomotorisiert und mit der Sinumerik ausgerüstet. Damit können sehr schnell individuelle Grundformen für Blatthälften oder kleinere Blattsegmente automatisiert bearbeitet werden. Letztere werden angesichts der extremen Länge künftiger Blattgenerationen als fertigungs- und transporttechnisch bessere Alternative diskutiert.
Die beiden L-förmigen Portale aus extrem steifen, carbonfaserverstärkten Rohren tragen und bewegen dynamisch und präzise bis zu 400 kg schwere Bearbeitungsköpfe. Dabei kompensieren interne Sinumerik-Funktionen mögliche massenbedingte Schwingungen und sorgen für maximale Laufruhe. Die Portale können einfach beiseite gefahren werden, was freien Zugang schafft, wenn nötig, etwa zum Fügen der beiden Blatthälften. Auf einer parallel zur Längsachse angeordneten Schwerlastplattform lässt sich beispielsweise ein Klebersystem synchron zu einem Auftragskopf verfahren.

Eine CNC-Steuerung für alles
Beim simultanen Bearbeiten von Formen an beiden Seiten wachen steuerungsintegrierte Sicherheitsfunktionen (Sinumerik Safety Integrated) darüber, dass sich die Portale nicht in die Quere kommen und kollidieren. Ebenso bei der eigentlichen, automatisierten Blattherstellung und bearbeitung auf derselben Anlage, mit derselben Steuerung. Dazu wurden schnell und einfach wechselbare Endeffektoren für verschiedene, bislang händisch ausgeführte Aufgaben entwickelt. Zuallererst für CNC-gesteuertes Einlegen von Verbundfaser-Rovings oder bändern für die versteifenden Gurte und auch bis zu 50 Zoll/1,27 m breiten Matten für die Außenhaut von der Rolle: Hierbei wird beim Abrollen die Matte an sieben Punkten gleichzeitig individuell angesteuert und in die Form gedrückt. Dazu sind entsprechend viele Antriebsachsen anzusteuern. Ein neues Handlingtool ermöglicht außerdem wiederholgenaues, faltenfreies Einlegen zuvor gestapelter Mattenzuschnitte auf Freiformflächen. Erstmals automatisiert und dadurch reproduzierbar genau steuer-/regelbar ist auch das Applizieren der Kleberraupen für den/die Versteifungssteg/e, angesichts der schieren Dimensionen, kein ganz profaner Schritt. Wie für das Imprägnieren der Rovings mussten auch dafür in aufwändigen Versuchen geeignete Prozessparameter ermittelt und in Programmcode umgesetzt werden. Darüber hinaus ließen sich auch händische Schritte der Nachbearbeitung, wie das Trimmen von Überständen und das Schleifen der Blattkanten ins digitale Zeitalter transformieren. Anwendungsspezifische, ins Bediensystem der CNC-Steuerung integrierte Bildmasken führen den Bediener durch die genannten Prozessschritte, machen diese einfach und sicher handhabbar.

Simulation inklusive – Sicherheit von Anfang an
Entscheidend für kurze Entwicklungs- und Bearbeitungszeiten war und ist dabei, dass alle NC-Funktionen der Bearbeitung mit Hilfe des digitalen Zwillings der Sinumerik vorab am PC simuliert und optimiert werden konnten und können. Das reduziert einerseits das Risiko kostenintensiver Entwicklungsfehler, aber auch von Schäden bei der Bearbeitung, beispielsweise durch Programmierfehler oder Kollisionen, drastisch.

Zeit und Kosten runter, Qualität rauf
Weitgehend automatisierte Prozesse verkürzen die Herstellung eines „normalen“ Rotorblattes um mindestens 10 %, so dass der rasant wachsende Bedarf schneller und kosteneffizienter gedeckt werden kann. Die CNC-Bearbeitung ist wiederholgenau und reduziert Fehlermöglichkeiten. Das hält die Qualität konstant hoch, so dass nur fehlerfreie Blätter zu den Windparks gelangen und dort über längere Einsatzintervalle störungsfrei arbeiten.
Den Kleber für die Stege automatisiert exakt in der benötigten Menge auftragen zu können, reduziert den Verbrauch um mindestens ein Drittel, so die Erfahrung. Das minimiert auch die Belastung der Mitarbeiter durch gesundheitsschädliche Dämpfe, die bei den angestrebt höheren Stückzahlen auch spürbar stärker wäre.

Vom Prototypenbau zur Blattfabrik
Federführende Instanz des Verbundprojektes war das Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme IWES mit Sitz in Bremerhaven, das mit den Erkenntnissen aus dem Verbundprojekt BladeFactory bzw. BladeMaker und Siemens als assoziiertem Partner derzeit eine Forschungsanlage für die hochautomatisierte Rotorblattfertigung aufbaut. Diese können interessierte Windenergieanlagenhersteller, Maschinen- und Anlagenbauer oder auch Verbundmaterial- und Kleberanbieter für eigene Entwicklungen nutzen und die Prozesse weiter vorantreiben.
Der generell validierte Produktionsprozess lässt sich natürlich auch auf andere großformatige Bauteile und Branchen übertragen. So könnten beispielsweise Teile von Fertighäusern oder Brücken aus Verbundwerkstoffen deutlich rationeller als mit traditionellen Techniken hergestellt werden.

PM: Siemens AG








Top