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Stellungnahme zum “Windbürgergeld”: Zahlungen an Anlieger

Bundesnetzagentur erlässt Verordnung zum Netzausbaugebiet / Foto: HB
Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels

mit der Bitte um Veröffentlichung:

(WK-intern) – Aktuell wird einmal mehr öffentlich darüber diskutiert, ob zur Akzeptanz-Steigerung von Windkraftanlagen eine finanzielle Teilhabe in Form von direkten Geldzuwendungen an Anwohner und Kommunen gesetzlich vorgeschrieben werden soll (u.a. sog. “Windbürgergeld”).

Diese Forderung wird inzwischen offensichtlich vom BWE und LEE NRW unterstützt.

Dazu stellen sich mir einige Fragen:

  1. Wer hat diese Verbände legitimiert, eine solche Forderung aus der Politik zu Lasten der Betreiber zu übernehmen? Mir sind keine Betreiber bekannt, die dazu gefragt wurden. Das Ganze ist offensichtlich nur in den Vorständen ohne Rückversicherung der Basis beschlossen worden.
  2. Dieses finanzielle Angebot bestätigt das Vorurteil vieler Bürger und Politiker, dass mit Windenergie ungeheuer viel Geld zu verdienen ist und die Windszene sich skrupellos die Taschen „voll macht“. Da sei es ja nur gerecht, etwas von diesen enormen Überschüssen abzugreifen. Wir selber bestätigen damit also die bisher geführte Neid-Debatte in aller Form.
  3. Die genannten Beträge von 1 bis 2 % (oder auch mehr?) des UMSATZES (nicht des Gewinnes!) hören sich vermeintlich gering an. Es gibt allerdings auch Standorte außerhalb der norddeutschen Küstenregionen, wo die wirtschaftlichen Bedingungen äußerst grenzwertig sind. Wir haben mehrere Anlagen in unserem Bestand, wo die Anleger nach 20 Jahren nicht einmal ihr eingezahltes Kapital zurückerhalten! Und das obwohl bei unseren Projekten ganz sicher keine überhöhten Beträge für Pachten, Planungskosten oder Geschäftsvergütungen gezahlt werden! Zukünftig müssten also weitere Verluste der Anleger hinzukommen, um die geforderten Zahlungen an Anwohner und Kommunen zahlen zu können! Zusätzlich kommen noch die zuletzt überwiegend windschwachen Jahre, die alles noch schwieriger machen können.
  4. Zuerst müsste doch die Frage gestellt werden, ob die bisherige Gewerbesteueraufteilung mit 70 % zugunsten der Standortgemeinde nicht auf 90 oder 100 % angehoben werden sollte. Aber auch das ist keine Lösung für jede Kommune. So gibt es eine Reihe von Gemeinden mit einem hohen Windkraftanteil und dadurch entsprechend hohen Gewerbesteuerreinnahmen. Dies bringt diesen Kommunen aber trotzdem nicht viel, weil der Großteil dieser Mehreinnahmen in die Kreisumlage abgeführt werden muss und auch an Nachbarkommunen geht, die selber nichts für die Windenergie gemacht haben. Hier gäbe es Potenzial für gesetzliche Änderungen.
  5. Offensichtlich rechnen alle nur noch mit Anlagen von 5 MW und größer (und deren hohen Umsätze). Was ist mit Anlagen von 800 kW oder 1,5-2,3 MW? Gerade vor dem Hintergrund des immer älter werdenden Anlagenbestandes muss doch hier an Ersatz gedacht werden. Ein Austausch in ähnlicher Anlagengröße hätte viele Vorteile: Akzeptanz vor Ort, Zuwegung und Netzanbindung weiterhin nutzbar, Naturschutzauflagen eher gering, bewährte Anlagentechnik. Jedenfalls ist von unseren rund 30 Standorten in Südwestfalen keiner ernsthaft mit den neuen 150 m Rotoren zu repowern (insbesondere wegen zu geringer Abstände zur Bebauung). Sind für solche „Altstandorte“ dann zukünftig auch Zahlungen an die Bürger und Kommunen zu zahlen? Oder soll dieses Standort-Potenzial mittelfristig ersatzlos wegfallen, weil das sog “Bürgerwindgeld” zu gering ist und sich nicht lohnt?
  6. Wenn es so einfach wäre, mit etwas Geld die örtlichen Proteste zu besänftigen, stellt sich die Frage, warum dies bei Straßenbauprojekten, Autobahnen, Gewerbegebieten, Mobilfunkmasten oder Stromtrassen nicht schon längst erfolgreich praktiziert wird. Gerade Netzbetreiber, denen eine Rendite ihrer Stromtrassen mit bis zu 9 % staatlicherseits ermöglicht wird, könnten doch hier mit gutem Beispiel vorangehen. Wieso fordert dies keiner öffentlich ein?
  7. Bei solchen wohlfeilen Ideen fehlt zudem meistens die Frage der Praktikabilität: Wer wird diese Zahlungen eintreiben, deren korrekte Höhe überprüfen, wie sieht das Ganze steuerlich für die Gesellschaft und die Anleger aus. Und auf der anderen Seite: Wer verteilt das Geld, wer hat einen Anspruch darauf, nach welchem Verteilungsschlüssel? Jährliche Anwohnerüberprüfungen wären notwendig, da ja Leute hinzuziehen, wegziehen und schlicht versterben können. Und wird hier nicht vor Ort wiederum Neid geschürt, wenn z.B. der Schützenverein mehr als die freiwillige Feuerwehr bekommt? Und das Ganze zukünftig bei 30.000 Windkraftanlagen bundesweit – eine für mich völlig irre Vorstellung!
  8. Ein Angebot für eine finanzielle Beteiligung von Anwohnern und Bürgern der Gemeinde ist sicherlich empfehlenswert. Dann aber mit allen Chancen UND Risiken. Und einer langfristigen Beteiligungsmöglichkeit z.B. als Kommanditist. Lächerlich ist es, Projekte als Bürgerwindräder zu bezeichnen, bei denen Leute für drei bis sieben Jahre nachrangige Darlehen zu einem festen Zinssatz geben sollen. Wenn es finanziell dann interessant wird (optimaler Verlauf), streichen die Initiatoren die Gewinne alleine ein. Geht so eigentlich gar nicht! Die Wahrheit ist aber auch, dass Prospektierungspflicht, Anlegerschutzgesetz oder die Pflicht für einen Wirtschaftsprüfer gerade die echten Bürgerprojekte teurer und aufwendiger machen (Meiner Meinung nach politisch genau so gewollt, da in Wirklichkeit nicht gewünscht!).
  9. Anti-Windkraftinitiativen werden diese Zahlungen als Schweigegeld ablehnen und sich dadurch eher provoziert führen. Schließlich haben bei vielen dieser Gegner schon in der Vergangenheit zahllose gute Argumente und harte Fakten keine Einsicht gebracht. Das Geld da mehr Zustimmung bringen soll ist für mich völlig abwegig!
  10. Und was passiert eigentlich, wenn sich später herausstellt, dass trotz dieser Zahlungen die Akzeptanz nicht spürbar steigt? Wird dann diese Abgabenpflicht wieder abgeschafft? Das ist doch sicher ausgeschlossen. Also volles Kostenrisiko auf Dauer – bei zweifelhaften Erfolgsaussichten.

 

In der Vergangenheit ist die Windbranche immer wieder auf die Schikanen der Politik eingestiegen, immer mit der Hoffnung verbunden, weiterhin einigermaßen gute Geschäfte machen zu können. Doch langsam ist das Ende der Fahnenstange erreicht. Welcher eher kleine Betreiber, und das war mal die Mehrheit der Windkraftanlagenbetreiber, kann denn heute noch die umfangreichen Forderungen zum Naturschutz, Vogelschutz, Turbulenzberechnungen, Befeuerungen, BImSch-Verfahren, Netzanforderungen, Meldeverpflichtungen, Prospektierungspflichten, Dokumentationspflichten, Ausschreibung, Direktvermarktung und steuerliche Zusammenhänge einwandfrei erfüllen? Geschweige denn im Vorfeld bei völlig ungewissem Ausgang das alles Vorfinanzieren und dann noch jahrelange Rechtstreitigkeiten führen!

Hätte es all diese Rahmenbedingen schon vor 25 Jahren gegeben, hätten wohl ich und 80 % der aktuellen Betreiber niemals eine Windkraftanlage ans Laufen gebracht!

Es scheint von Politik und Verbänden tatsächlich eine Betreiberstruktur von wenigen Energieversorgern und Betriebsfirmen angestrebt zu werden, Offshore läuft es ja schon genauso ab.

Wie soll die Energiewende langfristig funktionieren, ohne einen massiven Ausbau aller Erneuerbaren Energien – lokal, dezentral, bürgernah, mit vielen Beteiligten?

Der gesunde Menschenverstand würde hier empfehlen, diverse Dinge zu vereinfachen und damit dem Ganzen neuen Schwung zu verleihen. Diese Hoffnung ist offensichtlich illusorisch!

Mit freundlichen Grüßen

M.K.

Foto: HB








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