Werbung Rückgang der Artenvielfalt: Änderung des Landesnaturschutzgesetzes Behörden-Mitteilungen Ökologie 18. September 2015 Dr. Robert Habeck „Wir brauchen ein Gegengewicht zur intensiven Nutzung des Landes“ – Rede von Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes (WK-intern) – Im Mai letzten Jahres forderte der Schleswig-Holsteinische Landtag die Landesregierung auf, das Landesnaturschutzgesetz zu novellieren, um die Tier- und Pflanzenwelt in Schleswig-Holstein besser zu schützen. Diese Forderung kommt nicht von ungefähr. Schleswig-Holstein wird immer intensiver genutzt. Straßen- und Schienenbau, Gewerbegebiete, Stromnetze und Windanlagen verändern das Land. Auch die intensive Landwirtschaft hat ihren Anteil am Rückgang der Artenvielfalt. Das erkennt neuerdings sogar die CDU an. Es besteht Handlungsbedarf. Die intensive Nutzung verlangt von uns, ein Gegengewicht zu schaffen. Die Natur gehört zum Reichtum unseres Landes. Das Wenige, was wir an wertvoller Natur noch haben, wollen wir besser vor Zerstörung bewahren und die naturnahen Lebensräume besser vernetzen. Die bestehenden Regeln des Landesnaturschutzgesetzes reichen aber nicht mehr aus, diese Aufgabe zu erfüllen. Um dem zu begegnen, haben wir eine Reihe von Anpassungen vorgenommen. Wir wollen das Vorkaufsrecht des Landes wiedereinführen, den Biotopverbund ausweiten und das wenige arten- und strukturreiche Dauergrünland schützen. Im Januar dieses Jahres wurde der Referentenentwurf zur Änderung des Landesnaturschutzgesetzes (LNatSchG), des Landesjagdgesetzes (LJAgdG) und des Landeswaldgesetzes (LWaldG) in die Anhörung gegeben. Darin wurde deutlich, dass sowohl die Naturschutz- als auch die Nutzerverbände weitergehende Forderungen erheben, aus ihrer jeweiligen Perspektive natürlich. Der Gesetzentwurf der Landesregierung ist von Anfang an zielgenau und mit Augenmaß geschrieben worden und hält ein fein tariertes Gleichgewicht zwischen Nutzen und Schützen des Landes, zwischen den Individualinteressen und jenen des Gemeinwohls. Die Schwerpunkte des Gesetzes haben wir nach der Anhörung im Wesentlichen beibehalten. Durch die vorgesehene Schaffung eines Biotopverbundes, der mindestens 15 % der Fläche Schleswig-Holsteins umfasst, den Schutz des arten- und strukturreichen Dauergrünlands als Biotop und die Wiedereinführung des Vorkaufsrechts für ökologisch wertvolle Flächen wird der Naturschutz systematischer und Lebensräume werden besser vernetzt. So steigt die Qualität des Schutzes und die Eingriffe in die landwirtschaftliche Nutzung werden gebündelt. Das in der Anhörung umstrittene Vorkaufsrecht ist in Schleswig-Holstein nicht neu, es wurde erst im Jahr 2007 abgeschafft. Bis dahin hatte die Naturschutzverwaltung in der Regel nur in drei bis fünf Fällen pro Jahr und auch das nur für Flächen mit einer Größe von wenigen Hektar im Einzelfall Gebrauch gemacht. An diesem geringen Umfang wird sich auch zukünftig nichts ändern. Das Vorkaufsrecht wird daher nicht zu einer nennenswerten Behinderung des landwirtschaftlichen Flächenerwerbs führen, es wird aber der Naturschutzverwaltung ermöglichen, im Einzelfall kleine, aber aufgrund ihrer Lage oder ihrer ökologischen Qualität besonders wichtige Flächen zu erwerben und so effektiver als bisher Naturschutzmaßnahmen umzusetzen. Daneben wollen wir das Verbot, ungenutzte Flächen – etwa abgeerntete Felder – zu betreten, aufheben und uns damit dem bundesweiten Standard anpassen. Damit soll der Zugang der Allgemeinheit zur Natur erleichtert werden, denn Natur dient auch der Erholung. Ich weiß, dass dieses Vorhaben in der Landwirtschaft kritisch gesehen wird, weil es um den Zugang zu landwirtschaftlichen Flächen geht. Aber Schleswig-Holstein verfügt nun mal wenig über Waldflächen und will man der Allgemeinheit in unserem Land abseits der Küsten Zugang zu naturnahen Flächen verschaffen, kommt man an der Landwirtschaft schlicht nicht vorbei. Sie ist der größte Flächeneigentümer. Die Tatsache, dass der Zugang in allen Bundesländern außer Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein möglich ist, zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger verantwortungsvoll mit diesem Recht umgehen – warum sollten die Schleswig-Holsteiner und Schleswig-Holsteinerinnen anders sein? Den Sorgen der Landwirte, dass bestellte Felder leiden könnten, tragen wir dabei mit nochmaligen Klarstellungen Rechnung. Es ist getrennt für Acker- und Grünlandflächen konkretisiert worden, was die Zeit der Nutzung ist, wann die Flächen also nicht betreten werden dürfen. Koppeln mit Tieren oder bestellte Felder bleiben tabu, Hunde müssen angeleint werden. Im Hinblick auf die Wiedereinführung des Schutzstreifens an Gewässern im Innenbereich von Gemeinden hatten der Tourismusverband Schleswig-Holstein und der MWAVT im Rahmen der Ressortmitzeichnung um eine großzügige Übergangsregelung gebeten, um bestehende Planungen insbesondere von Fremdenverkehrsgemeinden an den Küsten noch umsetzen zu können. Hierfür wurde eine Lösung gefunden, die bauliche Anlagen im Schutzstreifen für einen Übergangszeitraum ermöglicht. Neu ist: In das Landesnaturschutzgesetz soll ein Verbot es Anlockens und Fütterns von Wölfen aufgenommen werden. In den letzten Monaten wurde deutlich, dass Wölfe, wenn sie angelockt und gefüttert werden, ihre natürliche Scheu vor Menschen verlieren können. Hierdurch werden potenziell gefährliche Begegnungen von Menschen mit Wölfen provoziert. Deshalb sollen entsprechende Handlungen zumindest in Schleswig-Holstein möglichst unterbunden werden. Eine weitere Änderung ist erforderlich als Reaktion auf das Urteil des OVG Schleswig zu Eignungsgebieten für die Windenergienutzung vom 20.01.2015. Als Folge des Urteils ist die Freihaltung von Wäldern von Windenergieanlagen nicht mehr zuverlässig gewährleistet. Dies aber ist, um den Erholungswert der in Schleswig-Holstein besonders seltenen Waldflächen für die Bevölkerung zu erhalten, erforderlich. Deshalb soll die Errichtung größerer Windenergieanlagen in Wäldern untersagt werden. Dies erfolgt durch eine Änderung des Landeswaldgesetzes, indem die Umwandlung von Wald mit dem Ziel der Errichtung der o.g. Anlagen untersagt wird. Geplant ist zudem eine Änderung im Landesjagdgesetz, damit auch juristischer Personen das Recht bekommen, ihnen gehörende Grundflächen aus ethischen Gründen zum befriedeten Bezirk erklären zu lassen. Dies hat zur Folge, dass auf diesen Flächen grundsätzlich nicht gejagt werden darf. Im Landeswaldgesetz soll die Forderung nach einem hinreichenden Anteil standortheimischer Baumarten bei Erst-, Wieder- und Ersatzaufforstungen geregelt werden, um die biologischen Vielfalt zu fördern. Aus dem gleichen Grund sollen zehn Prozent des Staats- und Körperschafts-waldes als Naturwälder aus der Bewirtschaftung genommen werden. Gestatten Sie mir noch einen grundsätzlichen Hinweis: In der Verbandsanhörung, aber nicht nur dort, wurde kritisiert, dass diese Landesregierung angeblich das Ordnungsrecht gegenüber vertraglichen Lösungen – dem sogenannten Vertragsnaturschutz – bevorzuge. Insofern kann ich Ihnen zunächst versichern, dass wir dort, wo der Vertragsnaturschutz ein geeignetes Mittel ist, sehr wohl weiterhin auf ihn setzen. Allerdings hat er seine Grenzen, da er eben auf Freiwilligkeit angewiesen ist und deshalb niemals alle Personen erreichen kann, die Adressaten einer gesetzlichen Regelung wären. Insofern kommt er nach meinem Verständnis eigentlich nur dort in Betracht, wo – über die im öffentlichen Interesse zu fordernden Mindeststandards des Naturschutzes hinaus – ein „Mehr“ an Naturschutz erreicht werden soll. Die Mindeststandards hingegen müssen mit Rechtsnormen – und damit verbindlich für alle Personen – gesichert werden. Der Ihnen vorliegende Gesetzentwurf wird die biologische Vielfalt fördern ohne dabei die Belange der Wirtschaft und der Betroffenen aus den Augen zu verlieren. PM: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Robert Habeck Weitere Beiträge:Ökologischer Landbau soll zusätzliche Wachstumsimpulse für Bio-Landwirte schaffeEnergie: Bundesnetzagentur und Bundeskartellamt unterzeichnen KooperationsvereinbarungWindkraft-Chaos in Schleswig-Holstein, Ministerpräsident Albig will 385 Windanlagen streichen