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Sicherheitsproblematik bei Offshore-Windenergie

Lagekarte zum ersten deutschen Offshore-Windpark alpha ventus als Beispiel für genehmigte Windparks/Wikipedia
Lagekarte zum ersten deutschen Offshore-Windpark alpha ventus als Beispiel für genehmigte Windparks/Wikipedia

Elektronische Vorabfassung der Kleinen Anfrage im Bundestag durch siehe ganz unten:
Die Offshore-Windenergiebranche hat in den letzten Jahren eine dynamische Entwicklung erlebt. Bereits heute sind mehrere tausend Windenergieanlagen in der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone und der 12-Seemeilen-Zone in Nord- und Ostsee genehmigt. Anträge im erheblichen Umfang für weitere Windenergieanlagen befinden sich im Genehmigungsverfahren.

Diese Entwicklung hat durch die Ereignisse in Fukushima und der darauf beschlossenen Energiewende der Bundesregierung erheblich an Dynamik und Realisierungsgeschwindigkeit zugenommen.

Bereits vor dieser Entwicklung hat sich der 49. Deutsche Verkehrsgerichtstag in Goslar, im Januar 2011, mit der sich abzeichnenden Sicherheitsproblematik eingehend beschäftigt.

Die Empfehlungen des Arbeitskreises VIII sind zwischenzeitlich veröffentlicht und lauten:

1. Der Gesetzgeber sollte unter Beachtung aller maßgeblichen öffentlichen und privaten Belange eine Entscheidung darüber treffen, bei wem die Verantwortung für zusätzliche Maßnahmen zum Erhalt der Verkehrssicherheit und der maritimen Notfallvorsorge liegt, die aufgrund weiterer Windparks erforderlich werden, und wer die Lasten hierfür tragen soll.

2. Es muss sichergestellt werden, dass die Unternehmen ergänzend zur staatlichen Daseinsvorsorge ausreichende Schutz- und Sicherheitskonzepte sowie Notfallpläne entwickeln und fortschreiben. Diese müssen in regelmäßigen Übungen erprobt werden.

3. Der Gesetzgeber sollte eine Regelung schaffen, durch die gewährleistet wird, dass das bereits vorhandene System der Rettung auf See für Einsätze in Offshore-Windparks gezielt erweitert wird einschließlich der Ergänzung und Bündelung der bestehenden Rettungsmethoden und -kapazitäten, insbesondere auch der ständigen Einsatzbereitschaft von Hubschraubern.

4. Für die an Bau und Betrieb von Offshore-Windparks Beteiligten müssen zertifizierbare Mindestanforderungen für die Aus- und Fortbildung festgelegt und fortgeschrieben werden, die auch Trainings- und Simulationsmöglichkeiten für Hubschraubereinsätze berücksichtigen.

5. Für den Einsatz von Hubschraubern im Zusammenhang mit Offshore-Windparks sind Regelungen zum sicheren Flugbetrieb zu erarbeiten.

6. Die Anforderungen an Sicherheit sowie Aus- und Fortbildung müssen mit den europäischen Nachbarstaaten harmonisiert werden. Dies gilt auch für den Bau und Betrieb von Servicefahrzeugen auf See.

7. Die zuständigen Behörden müssen die erforderlichen Befugnisse und Ressourcen erhalten, um die Beachtung der notwendigen Schutz- und Sicherheitsmaßnahmen durchzusetzen.

Einhellige Meinung der zahlreichen Vertreter und Experten der Genehmigungs- und Sicherheitsbehörden sowie der Industrie war, dass die Sicherheitsaspekte bei dieser dynamischen Entwicklung nicht mitgehalten haben. Unfälle, wie der im Testfeld „Alpha Ventus“ unterstreichen das.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Inwieweit wurden die Empfehlungen zum Sicherheitshandeln staatlicherseits aufgenommen und ggf. schon umgesetzt (jeweils separat für die oben aufgeführten Punkte 1, 2, 3, 5, 6 und 7)?

2. Welches Bundesressort ist federführend zuständig (mit genauer Aufschlüsselung nach den oben aufgeführten Punkten, falls verschiedene Ressorts betroffen sein sollten)?

3. Wie erfolgt die Zusammenarbeit und Abstimmung der jeweils betroffenen Ressorts mit den zuständigen Stellen der Küstenländer?

4. Sieht die Bundesregierung neben der in dem Genehmigungsverfahren definierten Unternehmerverantwortung auch eine staatliche Daseinsvorsorge insbesondere im Bereich des Rettungswesens bei einem Unfall auf der Windenergieanlage selbst? Falls ja, welche Zuständigkeiten sind hierfür staatlicherseits definiert?

5. Welcher Behörde/Institution wurden diese Aufgaben übertragen?

6. Welche Rechtsgrundlage wurde hierfür herangezogen?

7. Welche Behörde nimmt bis zu einer endgültigen Festlegung den Bereich der staatlichen Daseinsvorsorge (insbesondere Rettungswesen) wahr, falls Fragen 2 bis 5 noch nicht abschließend geklärt sind?

8. Welche Regelungen bzw. Auflagen wurden in den Genehmigungen des Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) dafür getroffen?

9. Auf welcher Rechtsgrundlage beruht diese vorübergehende Aufgabenübertragung?

10. Liegt das Strategiekonzept zur „Verletztenversorgung und -rettung und Brandbekämpfung auf Offshore-Windenergieanlagen im Rahmen der staatlichen Daseinsvorsorge“ , das laut Beantwortung der Frage 8 der Kleinen Anfrage, „Sicherheit und Arbeitsschutz bei Offshore-Windenergieanlagen“ vom 23. März 2011(Bundestagsdrucksache 17/5265)durch Bund und Küstenländer beim Havariekommando beauftragt wurde, zwischenzeitlich vor? Wenn ja, welche wesentlichen Ergebnisse beinhaltet das Konzept?

11. Inwieweit fanden die Empfehlungen des Verkehrsgerichtages Eingang in dieses Konzept?

12. In welchem Zeitraum soll eine Umsetzung erfolgen?

13. Liegt das in der Antwort auf Frage 17 der Anfrage (Bundestagsdrucksache 17/5265) dargestellte seitens des Havariekommandos erarbeitete Rettungskonzept, das im Rahmen einer „Maritimen Sicherheitspartnerschaft“ sicherstellen soll, dass „eine bestmögliche Vernetzung der Maßnahmen aus der Unternehmerverantwortung und der staatlichen Daseinsvorsorge erreicht“ wird, inzwischen vor? Wenn ja, inwieweit fanden die Empfehlungen des Verkehrsgerichtages Eingang in dieses Konzept?

14. In welchem Zeitraum soll eine Umsetzung erfolgen?

15. Wie ist der Sachstand inBezug auf das inder Antwort auf Frage 20 der vg. Anfrage (Bundestagsdrucksache 17/5265) angekündigte Konzept für „ganzheitliche Schulungs- und Trainingsmaßnahmen für das Offshore tätige Personal und die potentiellen Einsatzkräfte der zu beauftragenden Notfallorganisationen“, dass das Havariekommando im Rahmen des beauftragten Strategiekonzeptes mitentwickeln soll?

16. Fließen etwaige Standards in den Genehmigungsprozess ein?

17. Welches Ressort ist heute federführend bundesseitig für Sicherheitsbelange im Bereich der Offshorewindparks zuständig?

18. Welches Ressort ist in den betroffenen Bundesländern für Sicherheitsaspekte in Offshorewindparks ergänzend zuständig?

19. Bis wann ist damit zu rechnen, dass die Empfehlungen des Verkehrsgerichtstags zu den staatlichen Aufgaben vollständig umgesetzt sind?

20. Bis wann wird ein Rettungswesen für die neue Branche Offshorewind aufgebaut sein, das den Anforderungen der öffentlichen Daseinsvorsorge gerecht
wird?

21. Wie sollen die Kosten für das Rettungswesen bei Offshore-Windenergieanlagen aufgeteilt werden? Inwieweit beabsichtigt die Bundesregierung dabei eine Kostenbeteiligung der Betreiber vorzusehen?

22. Wie viele der Beschäftigtenim Bereich der Offshore-Windparks arbeiten seit 2008 in Vollzeit-, Teilzeit-, geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen (bitte differenziert nach Jahren und befristeten Beschäftigungsverhältnissen)?

23. Wie viele Beschäftigte im Bereich der Offshore-Windparks sind seit 2008 als Leiharbeitskräfte oder Werkvertrags-Beschäftigte tätig (bitte differenziert nach Jahren)?

24. Sieht die Bundesregierung Handlungsbedarf beim Arbeitsschutz speziell für den Bereich von Offshore-Windparks? Wenn ja, welche Maßnahmen sind geplant? Wenn nein, warum nicht?

25. Wie viele meldepflichtige Arbeitsunfälle und wie viele meldepflichtige Wegeunfälle wurden seit 2008 pro Jahr angezeigt?

Deutscher Bundestag Drucksache 17/8521 – 17. Wahlperiode 30. 01. 2012

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ingrid Nestle, Dr. Valerie Wilms, Beate Müller-Gemmeke, Hans-Josef Fell, Bärbel Höhn, Sylvia Kotting-Uhl, Oliver Krischer, Undine Kurth (Quedlinburg), Nicole Maisch, Dr. Hermann E. Ott, Dorothea Steiner und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Berlin, den 30. Januar 2012
Renate Künast, Jürgen Trittin und Fraktion

Quelle: http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/085/1708521.pdf








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