Werbung Was RED-III für die deutsche Windenergiebranche bedeutet Finanzierungen Offshore Produkte Techniken-Windkraft Windenergie Windparks Wirtschaft 24. Juni 2025 Hinweis: Die Bildrechte zu den Beitragsfotos finden Sie am Ende des Artikels Schnelle Änderungen erforderlich: (WK-intern) – Mit dem Inkrafttreten der novellierten EU-Richtlinie zur Förderung erneuerbarer Energien (RED-III) am 6. Juli 2024 erhöhte sich der regulatorische Handlungsdruck auf die Mitgliedstaaten deutlich. Deutschland jedoch hat bislang versäumt, die neuen Vorgaben fristgerecht in nationales Recht zu überführen. Die Konsequenz ließ nicht lange auf sich warten: Am 26. September 2024 eröffnete die Europäische Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik – mit der Aussicht auf spürbare finanzielle Sanktionen. Im Kern zielt RED-III auf die systematische Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren im Bereich der erneuerbaren Energien und der zugehörigen Infrastruktur. Windkraft- und Photovoltaikprojekte, Speicherlösungen sowie Netzvorhaben sollen schneller realisiert werden können – unter anderem durch feste Fristen und vereinfachte Prüfverfahren. Die Richtlinie soll ab Juli 2025 die bisherige EU-Notfallverordnung ablösen und dabei dauerhaft deren beschleunigende Wirkung entfalten. Auf nationaler Ebene führt die Umsetzung dieser Anforderungen zu einem neuen, teils noch ungeklärten Rechtsrahmen, der für Vorhabenträger gleichermaßen Chancen und Risiken bereithält. Novellierung des BImSchG als Teilschritt Einige Regelungen der RED-III-Richtlinie wurden durch die Reform des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vom 9. Juli 2024 bereits umgesetzt. Hervorzuheben ist das überarbeitete Vorbescheidsverfahren, das die Möglichkeit bietet, einzelne Genehmigungsvoraussetzungen – mit Ausnahme der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit außerhalb ausgewiesener Windflächen – vorab prüfen zu lassen. Darüber hinaus wurde die sogenannte Genehmigungsfiktion bei Anlagenänderungen eingeführt, sofern die Voraussetzungen des § 16b Abs. 7 Satz 3 BImSchG erfüllt sind. Besonders relevant ist auch die Neuregelung zum Repowering: Der erforderliche Abstand zur Altanlage beträgt künftig nur noch das Fünffache der Gesamthöhe, was zu einer signifikanten Ausweitung geeigneter Flächen führt. Diese Regelung schafft Raum für zahlreiche neue Windenergieanlagen an bestehenden Standorten. Eine weitere Erleichterung betrifft die bisher oft problematische Betreiberidentität – künftig genügt eine Einverständniserklärung des aktuellen Betreibers gegenüber der Genehmigungsbehörde. Ein zentraler Fortschritt im Sinne der Planungsbeschleunigung ist die Einführung einer gesetzlichen Vollständigkeitsfiktion: Die Behörden müssen binnen eines Monats die Vollständigkeit der Antragsunterlagen feststellen, andernfalls gilt der Antrag als vollständig. Diese Änderung reagiert auf die bislang übliche Praxis wiederholter Nachforderungen, die Verfahren teils massiv verzögerten. Ergänzt wird dies durch digitale Verfahrensoptionen wie die elektronische Antragstellung, Online-Erörterungstermine und die Veröffentlichung der Unterlagen im Internet. Auch wenn die neuen Verfahrensstrukturen erhebliches Beschleunigungspotenzial bergen, entstehen erfahrungsgemäß Unsicherheiten bei der Auslegung. Damit steigt die Bedeutung einer fundierten rechtlichen Bewertung zur effizienten und sicheren Projektrealisierung. Rechtsunsicherheit durch politischen Stillstand Das ursprünglich geplante RED-III-Umsetzungsgesetz der früheren Regierungskoalition konnte infolge des Koalitionsbruchs nicht verabschiedet werden. Die neue Bundesregierung ist daher gefordert, den Umsetzungsprozess erneut anzustoßen. Die Verzögerung hat unmittelbare Folgen: Die Privilegierung von Windprojekten in ausgewiesenen Vorranggebieten nach § 6 WindBG steht auf dem Spiel. Diese Regelung erlaubt Erleichterungen bei artenschutzrechtlichen und umweltrechtlichen Prüfungen innerhalb solcher Gebiete – bislang gestützt durch die EU-Notfallverordnung, die jedoch zum 30. Juni 2025 ausläuft. Ohne eine zeitnahe Umsetzung der RED-III-Vorgaben in deutsches Recht entfällt diese Grundlage. Für Projektentwickler bedeutet dies einen potenziellen Rückfall in umfangreiche Prüfpflichten – insbesondere UVP, FFH-Verträglichkeitsprüfung und artenschutzrechtliche Kartierungen könnten ab Juli wieder umfassend erforderlich sein. Zwar ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber rechtzeitig neue Regelungen schaffen wird, ein verbindlicher Zeitplan liegt jedoch nicht vor. Daher empfiehlt es sich, Genehmigungsanträge auf Basis des § 6 WindBG bis spätestens Ende Juni 2025 einzureichen. Angesichts des zu erwartenden Antragsstaus bei den Behörden sollte jedoch mit erheblichen Bearbeitungszeiten gerechnet werden. RED-III bringt neue Prüfstandards Mit der rechtlichen Umsetzung der RED-III-Vorgaben wird auf nationaler Ebene ein verändertes Prüfregime etabliert. Anstelle aufwendiger artenschutzrechtlicher Untersuchungen tritt das sogenannte Screening-Verfahren. Dieses dient der Einschätzung, ob ein Vorhaben in ökologisch sensiblen Gebieten zu unvorhergesehenen, nachteiligen Wirkungen auf die Umwelt führen kann. Wird ein solches Risiko festgestellt, kann die Behörde entweder geeignete Minderungsmaßnahmen oder, sofern nicht möglich, Kompensationen verlangen. Für Netz- und Speicherinfrastruktur, die für den Ausbau erneuerbarer Energien unerlässlich sind, muss das Screening innerhalb von 30 Tagen erfolgen. Ist ein Ausgleich über Maßnahmen nicht praktikabel, erlaubt das neue System auch eine finanzielle Kompensation durch den Projektträger. Das Verfahren gilt auch für sogenannte Beschleunigungsgebiete, in denen die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) nur noch bei erheblichen, unvorhergesehenen Beeinträchtigungen erforderlich ist. Diese Beschleunigungsgebiete müssen gemäß Art. 15c Abs. 1 der Richtlinie spätestens bis zum 21. Februar 2026 durch die Mitgliedstaaten ausgewiesen werden. Grundsätzlich ist für Projekte in diesen Zonen keine UVP mehr erforderlich, es sei denn, das Screening ergibt schwerwiegende Umweltfolgen, die sich nicht durch geeignete Maßnahmen abschwächen lassen (Art. 16a Abs. 5 RED-III). Im Screening-Verfahren muss der Vorhabenträger der Behörde die relevanten Projektmerkmale offenlegen. Auf dieser Basis trifft die Behörde dann eine Einschätzung und legt gegebenenfalls weitere Auflagen fest. Sofern keine ausreichenden Maßnahmen gefunden werden, wird eine UVP verpflichtend. Zudem schreibt Art. 16 RED-III vor, dass die Behörden innerhalb von 30 oder in Ausnahmefällen 45 Tagen nach Antragseingang die Vollständigkeit der Unterlagen bestätigen oder Nachforderungen stellen müssen. Die Gesamtdauer des Genehmigungsprozesses darf in Beschleunigungsgebieten maximal zwölf Monate betragen. Rechtzeitig handeln, um Handlungsspielräume zu sichern Die gegenwärtige Übergangsphase stellt Projektträger vor erhebliche Herausforderungen. Um die mit RED-III verbundenen Chancen zur Beschleunigung und Vereinfachung von Genehmigungsverfahren gezielt zu nutzen, ist es entscheidend, die neuen Anforderungen frühzeitig zu durchdringen und strategisch umzusetzen. Nur wer die Entwicklungen proaktiv begleitet und rechtssicher einordnet, kann auch künftig Genehmigungsverfahren zügig und effektiv voranbringen. Über den Autor: Rechtsanwalt Christian Grund studierte Rechtswissenschaft an der Universität Bielefeld mit dem Schwerpunkt Umwelt-, Planungs- und Technikrecht in der EU. Sein Referendariat absolvierte er am Landgericht Detmold. Vor seiner anwaltlichen Tätigkeit bei KOENEN BAUANWÄLTE war Herr Grund bei einem der führenden Projektentwickler für Wind- und Solarenergieparks in Deutschland tätig, wo er im Bereich Kooperation unter anderem für die Kommunikation und Abstimmung mit Stakeholdern sowie für die Erstellung und Überwachung von Kooperationsverträgen verantwortlich war. Zudem begleitete und betreute er Windparkprojekte im Rahmen der Genehmigungsplanung. PM: KOENEN BAUANWÄLTE PB: Koenen: Christian Grund: Autorenbild Weitere Beiträge:Seekabelverlegung für das Offshore-Netzanbindungsprojekt NordergründeWindEnergy Hamburg: WAB setzt auf Austausch und InternationalisierungGrünstromzertifikate: E.ON UK kann sich den Windstrom vom Offshore-Windpark Humber Gateway sichern